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zehn Millionen Kupferstücke, und voll Beschämung dankte Du Dsï Tschun.

Als er das Geld hatte, da ließ er sichs angelegen sein, zu rechnen und zu sparen, um steinreich zu werden. Aber wie es so geht, angeborene Fehler lassen sich schwer verbessern. Allmählich kam er wieder in das Verschwenden hinein und ließ seinen Lüsten den Lauf. Und wieder leerte sich sein Beutel. Nach ein, zwei Jahren war er arm wie je.

Abermals begegnete er dem Alten. Er schämte sich so vor ihm, daß er sein Gesicht verhüllte und an ihm vorüber wollte.

Der Alte hielt ihn am Ärmel fest und sprach: „Wohin, wohin? Ich will dir noch einmal dreißig Millionen geben. Wenn du dich aber immer noch nicht besserst, dann ist dir nicht zu helfen.“

Voll Dankbarkeit verneigte sich Du Dsï Tschun und sprach: „In meinen armen Tagen haben meine reichen Verwandten sich nicht nach mir umgesehen. Nur Ihr habt mir dreimal geholfen. Das Geld, das Ihr mir heute gebet, will ich nicht wieder verschwenden, ich schwöre es; sondern ich will gute Werke damit tun, um Eure große Güte zu vergelten. Wenn ich damit fertig bin, so will ich Euch nachfolgen und sei es auch durch Feuer und durch Wasser.“

Der Alte sprach: „So ist es recht! Wenn du diese Dinge in Ordnung gebracht hast, so frage nach mir im Tempel des Laotse unter den beiden Wacholderbäumen.“

Du Dsï Tschun nahm das Geld und ging nach Yangdschou. Dort kaufte er hundert Morgen vom besten Land und baute ein hohes Haus an der Landstraße mit vielen hundert Zimmern. Darin ließ er Witwen und Waisen wohnen. Dann kaufte er einen Begräbnisplatz für seine Ahnen und unterstützte seine bedürftigen Verwandten. Unzählige Leute verdankten ihm den Lebensunterhalt.

Als er alles vollendet, da ging er, nach dem Alten zu fragen im Tempel des Laotse. Der Alte saß im Schatten

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)