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20. Der Morgen- und der Abendstern. Quelle: mündliche Überlieferung (vgl. auch Dso Dschuan).

Die chinesischen Namen für Luzifer und Hesperus sind: Tschen (oder Schang) und Schen. Sehen ist für gewöhnlich eine Konstellation in der Gegend des Orion. Auch der Stern Tschen wird im Orion gesucht.

21. Das Mädchen mit dem Pferdekopf. Quelle: vgl. Sou Schen Gi.

Die Geschichte wird in die Zeit des Herrschers Hau verlegt. Es handelt sich um eine Sage, deren Heimat Setschuan zu sein scheint. Das Pferd ist das Himmelszeichen, das über die Frühlingszeit, wenn die Seidenraupen gepflegt werden, herrscht. Daher das Mädchen mit dem Pferdekopf. Die Sage selbst gibt ja eine andere Erklärung. Außer dieser Göttin wird auch die Gattin des „Göttlichen Landmanns“ (Schen Nung) als Göttin der Seidenzucht verehrt. Der Unterschied ist, daß das Mädchen mit dem Pferdekopf mehr eine totemistische Repräsentation der Seidenraupe als solcher ist, während die Gattin Schen Nungs mehr als Schutzgottheit der Seidenzucht in Betracht kommt. Sie hat die Frauen zuerst die Seidenzucht gelehrt. Auch die Gemahlin des Gelben Herrn wird genannt. Der Volksglaube unterscheidet drei Göttinnen, die abwechslungsweise die Seidenzucht schützen. Die zweite gilt als die beste. Wenn sie das Jahr hat, gerät die Seide.

22. Die Himmelskönigin. (vgl. Sü Tsi Hiä.)

Die Himmelskönigin Tiän Hou oder genauer Tiän Fe Niang Niang ist eine von den Taoisten gepflegte Gottheit der Seefahrt, an Küstenplätzen ziemlich allgemein verehrt. Es begegnen sich in ihrer Geschichte Lokalsagen, die auf die Provinz Fukiän weisen, und eine Übertragung der indischen Maritschi (die jedoch als achtarmige Dschunti noch eine besondere Verehrung hat).

Die Tiän Hou gehört seit der Mandschudynastie zu den amtlich anerkannten Gottheiten.

23. Nü Wa. Quellen: Liä Dsï, Fong Sehen Yän Yi u. a.

Fu Hi ist der „brütende Atem“. Von Fu Hi und Nü Wa zusammen befindet sich eine Abbildung in Liä Dsï, das Buch vom quellenden Urgrund, übersetzt von R. Wilhelm (E. Diederichs, Jena). Nü Wa ist ursprünglich männlich. Der Name, der mit einem Frauenzeichen geschrieben wird (wie viele alte Geschlechternamen), führte allmählich dazu, ein weibliches Wesen aus der Gestalt zu machen.

Gung Gung, der Wasserdämon, erinnert an die babylonische Tihamat. Natürlich ist nicht an direkte Übernahme zu denken. Ein Parallelbericht sagt, daß Nü Wa den Feuergott (Dschu Yung) zur Bekämpfung des Gung Gung ausgesandt habe.

„Berg Unvollkommen“, chinesisch Bu Dschou Schan.

Die Geschichte von der Rache der Göttin an dem Tyrannen Dschou Sin kommt im Fong Schen Yän Yi vor. Dschou Sin war der letzte Herrscher der Yindynastie, der durch den König Wu aus dem Hause Dschou gestürzt wurde.

Da Gi auch Dan Gi oder Ta Gi gelesen. Die Verwandlung des neunschwänzigen Fuchses in die Da Gi stammt aus Fong Schen Yän Yi.

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_391.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)