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zu der Sie sich hier zusammengefunden haben, ist von Wert. Sie ist nur kurz, sie beschränkt sich auf 8 Tage; in manchen Häusern ist diese Vorbereitungszeit länger. Es scheint mir indeß so wie es bei uns ist weislich geordnet zu sein. Es ist nicht so leicht eine lange Reihe von Tagen hindurch innerlich auf der Höhe zu bleiben. Andererseits können auch in wenigen Tagen viele heilsame Gedanken durch die Seele gehen und in das Gemüt sich einprägen. Ich möchte nun, indem ich mich dem Teil der Einsegnungsvorbereitung zuwende, der mir obliegt, zurückerinnern an den Grund, der in Ihnen gelegt wurde in der Diakonissenschule. Das war doch der erste Höhepunkt Ihres Diakonissenlebens, wie die Einsegnung der zweite noch größere und erwünschtere ist. Ich habe jedesmal beim Beginn meines Unterrichts in der Diakonissenschule darauf hingewiesen, daß es mir darauf ankomme, in der Heilserkenntnis zu stärken. Die besondere Vorbereitung auf den Diakonissenberuf ist der Lage der Sache nach in andere unmittelbar erfahrene Hände gelegt. Aber zur Stärkung der Heilserkenntnis möchte ich auch jetzt in diesen Vorträgen etwas bieten dürfen.

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 Wir sprechen von den wichtigsten Glaubenslehren. Es muß aber zur speziellen Einleitung davon geredet werden, unter welchen Gesichtspunkt wir dieselben stellen wollen. Die Lehrer unserer Kirche, die sich mit der Darstellung der Glaubenslehren befaßt haben, haben sie unter sehr mannigfache Gesichtspunkte gestellt. Melanchthon war der erste, der eine Glaubenslehre für die Kirche der Reformation verfaßte. Luther hat das nicht für seinen Beruf erachtet; seine Schriften waren sämtlich Gelegenheitsschriften. Melanchthon, der Schulmann, hat seine Zusammenfassung der Glaubenslehre mit dem Titel „Die Loci d. h. Fundörter“ bezeichnet. Als Fundorte für das Wissen und die Erkenntnis der Kirche hat er, der praeceptor germaniae, der Lehrer Deutschlands die Glaubenslehre dargestellt und auch die späteren Väter unserer Kirche auf diesem Gebiet sind bei dieser Benennung geblieben. Diejenigen, die zu unsern Zeiten die Glaubenslehre unserer Kirche vollständig und zusammenfassend darzustellen unternahmen, haben mannigfache Gesichtspunkte gewählt. Thomasius, der hervorragende Dogmatiker von Erlangen, nennt seine Dogmatik „die Lehre von Christi Person und Werk“, damit andeutend, daß Christus, seine Person und sein Werk im Mittelpunkt der gesamten Glaubenslehre stehen sollten. Hofmann, sein Amtsgenosse, der Schrifttheologe, nennt sein Werk: „Schriftbeweis“, weil er besonders unternahm zu zeigen, wie dasjenige, was der Christ vermöge seines Glaubensstandes aussagt, aus der Schrift allezeit wieder erwiesen werden müsse. Frank, der der Nachfolger der beiden Männer war, nannte seine Glaubenslehre das „System der christlichen Wahrheit“, um anzudeuten, daß es sich darum handle die Wahrheit in innerem Zusammenhang auszusagen.