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wie zumal bei Abend, wenn die Leuchtkäfer wie fliegende Brillianten durch die Büsche schwirren, der Reiz sich erhöht. Und doch, das führte er nach allen Seiten aus: was lauert dahinter? Der Tod. Der Tod durch die giftigen Schlangen, der Tod durch die reißenden Tiere, der Tod durch die Unbilden des Klimas. Diesen Eindruck haben auch wir in unserer bescheidenen Gegend. Wie kann der Reif in einer Nacht der Blütenpracht des Frühlings ein Ende bereiten. Wird man demnach auch jetzt noch sagen können, daß die Welt und die Erde sehr gut sei? Gut ist sie zwar hervorgegangen aus der Hand des Schöpfers; aber es ist etwas dazwischen hineingetreten, etwas Störendes, das auf Schritt und Tritt sich bemerklich macht außer uns und noch mehr in uns. Es herrscht der Tod in der Welt und der Tod ist in die Welt gekommen durch die Sünde und in uns selbst ist die von Gott gewollte Harmonie durch die Sünde gestört.

 Wir sprechen heute

von der Zerreißung des Liebesbandes zwischen Gott und den Menschen.
1. Die tiefste Ursache: Die Selbstliebe.
2. Der traurige Vorgang: Erregung der Kreaturenliebe.
3. Die bedauerliche Folge: Mangel an Gottesliebe
4. Das Gericht der göttlichen Heiligkeit: Zorn statt Liebe.

  Zu den schwierigsten Problemen auch des christlichen Denkens gehört die Frage nach der Entstehung des Bösen. Unser Bekenntnis, die Augsburgische Konfession, beschränkt sich auf die richtige und wichtige Aussage in Artikel 19, daß die Ursache des Bösen nie und nimmer liegen könne in Gott selber, sondern nur in dem verkehrten Willen der Kreatur. In Gott selbst darf die Ursache des Bösen nie gefunden werden. In der gröblichsten Weise wollte der Manichäismus, jene Mischung aus heidnisch-persischen und christlichen Gedanken, die Manes um 270 aufgestellt hat und die von einem Doppelgott, einem bösen und einem guten fabelte. In ähnlicher Weise hatten die Gnostiker das Böse aus der Entstehung der Welt selber zu erklären gesucht, aus einer Mischung von Gottesgedanken und -Werken und den niederen schon vorhandenen Bestandteilen der Hyle (des Stoffes) wie sie es nannten. In oberflächlicher Weise hat eben so der alte Rationalismus die Sünde hinstellen wollen lediglich als verzeihliche Schwachheit oder als Zugehörung der sinnlichen körperlichen Natur des Menschen. Dann käme sie doch dem auf Rechnung, der die Menschen so schwach schuf; das ist nichts anderes denn die Ursache der Sünde in der Natur des Menschen suchen, die der Schöpfer ihm gab. In freventlicher Weise wird die Ursache der Sünde in Gott gesucht, wenn man