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in der alten Kirche wurzelt und Sie wissen, sie geht bis in die Apostelzeit selber zurück, ziemlich einzig dastehend. Das, was der Herr Seiner Kirche selber eingestiftet und gegeben hat, Wort und Sakrament und damit das Amt der Gnadenmittel, das hat natürlich ununterbrochenen Bestand von Anfang bis jetzt, denn die Existenz, das Dasein der Kirche, ist daran geknüpft. Aber unter den Einrichtungen, welche die Kirche nach der ihr vom Herrn gestatteten Macht und Freiheit selbst getroffen hat, ist kaum eine, die so weit, bis in die Apostelzeit, zurückreicht. Die Konfirmation, diese wie Löhe sagt, von Segen triefende Einrichtung in der Kirche, entstand viel später, die Beichte in ihrer jetzigen Form geht auch nicht bis in die früheste Zeit zurück. Der Diakonissenberuf aber läßt sich schon zur Apostelzeit nachweisen. Römer 16 sind nicht nur Frauen genannt, die freiwillig sich zum Dienst dargaben und viel gearbeitet haben in dem Herrn, sondern es wird dort auch Phöbe genannt, als ganz sichtlich in einem gemeindlichen Amt der Dienerinnen stehend und im Timotheusbrief finden wir nicht nur Kapitel 5 Witwen erwähnt, die eine besondere Ehrenstellung in der Gemeinde einnahmen und welche eine gewisse Aufsicht geübt haben werden über die Mitchristen ihres Geschlechtes, sondern nach meiner festen Ueberzeugung sind 1. Tim. 3, 11 nicht – wie Luther übersetzt – „ihre d. i. der Diener Weiber,“ sondern „die Weiber“ genannt, die auch eine berufliche Stellung den Diakonen entsprechend in der Gemeinde eingenommen haben müssen. So geht dies Amt bis in die Apostelzeit zurück. An der erwähnten Stelle wird nun zunächst, was die Diener anlangt, gesagt, daß man sie erst erproben oder versuchen solle, dann erst lasse man sie dienen, setze sie in das Amt des Dienstes ein. Nun wird in der Apostelzeit freilich diese Erprobung der Diakonen und entsprechend der Diakonissen nicht so lange Zeit wie jetzt in Anspruch genommen haben. Es wird gewesen sein wie beim Predigtamt selber. Dem Amt der Bischöfe, dem neutestamentlichen Hirtenamt, wird gewiß auch eine Zeit der Erprobung vorausgegangen sein, wie denn der Apostel sagt, daß man nicht einen Neophyten, nämlich einen Neubekehrten (Luther: Neuling) mit dem Amt des Wortes betrauen soll. Aber von einem langjährigen Studium, einer durch Jahre dauernden Erprobung und Einführung ins Amt wird schwerlich die Rede gewesen sein. Es war der Gaben Fülle, die über die Kirche des Herrn ausgegossen war, viel reicher und zum Teil wunderbarer und es war das Gemeindeleben ein viel lebendigeres und kräftigeres. Die Kirche der Gegenwart ist in jeder Hinsicht auf bescheidenere Wege gewiesen. Es ist nunmehr so, daß das, was an Mannigfaltigkeit und Fülle der Charismen, an hohen Geistesgaben unserer Kirche mangelt, ersetzt werden muß durch umso größere Treue, durch eingehenderes Studium, durch Viel länger währende Erprobung im Amt. Auch was den Diakonissenberuf anlangt, sind wir auf bescheidenere