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geschrieben steht. Dahin muß dein Gewissen in die Schule gehen!

 Wie einer in einem Glasspiegel sehen kann, was für Flecken und Gebrechen er an seinem Leibe und im Gesicht hat, so kann ein jeder im Gesetz Gottes, als in einem guten Spiegel aus dem Himmel, die Flecken und Gebrechen seiner Seele, d. i. seine Sünden erkennen; denn „durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“ (Röm. 3, 20.). – Willst du also deine Sünde erkennen, so lies die 10 Gebote 2. Mos. 20., etwa auch Luthers Auslegung dazu im kleinen Katechismus, dazu die Bergpredigt Matth. 5–7. Ehe du liesest, rufe Gott um die Gnadengabe der Sündenerkenntnis an. Wenn du liesest, so lies langsam, Vers für Vers und Wort für Wort, und frage bei jedem: „Bin ich’s? Hab’ ich das gethan? Hab’ ich das unterlassen? Wie paßt dies Wort auf mich?“ Frag’ dich so in deiner Kammer und schone dein nicht; dann wirst du sehen und erkennen, daß du nicht nur nicht eines, sondern gar keines von allen Geboten Gottes gehalten hast; du wirst in Wahrheit und ohne Heuchelei mit St. Paulo Röm. 7, 14. sagen müssen: „Ich bin fleischlich, unter die Sünde verkauft“ und v. 18.: „Ich weiß, daß in mir, d. i. in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes!“ dann wirst du nicht mehr erbittert werden, sondern mit weinender Demut Gott Recht geben, wenn Er spricht: „Verflucht sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllt, daß er darnach thue, und alles Volk soll sagen: Amen!“ (5. Mos. 27, 26.)


Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Einfältiger Beichtunterricht für Christen evangelisch-lutherischen Bekenntnisses. Kommissionsverlag der Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1900, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Beichtunterricht_(4._Auflage).pdf/11&oldid=- (Version vom 17.7.2016)