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selber nach Gottes Urteil betrachten, seine Sünde in ihrer ganzen Größe, die Gnade in ihrer Allmacht erkennen und schauen wird.


11.
Man kann nicht alle Sünden bereuen.

 Da man hier auf Erden nach dem Gesagten nicht alle Sünden erkennen kann, so kann man auch nicht alle bereuen. Der, welcher uns nach Seiner weisen Gnade die größte Menge verhüllt und uns nur stufenweise über uns selbst aufklärt, will, daß wir allezeit so viele Sünden mit Leid und Schmerzen beklagen, als er uns erkennen läßt, – will, daß unsere Reue, wie unsre Selbsterkenntnis und mit ihr wachse. Unsre Selbsterkenntnis soll uns dahin führen, daß wir uns als Kinder des Zorns (Eph. 2, 3), als Verfluchte ansehen nach dem Wort des HErrn 5. Mos. 27, 26: „Verflucht sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllt, daß er darnach thue!“ Sie soll in uns eine Traurigkeit aufwecken, die sich nach Gottes Frieden in der Vergebung der Sünden, nach Befreiung von dem Fluche und der Macht der Sünde sehnt, – sie soll uns den Frieden dieser Welt zerstören, uns nicht mehr ruhig in ihr bleiben lassen, wie ein Engel mit hauendem Schwert uns hinaustreiben aus ihren Sündenlagern zu dem Altar hin, zu Golgatha, von welchem die Verheißung Gottes und ihre Erfüllung, von welchem das Evangelium von der vollbrachten Versöhnung zum Tröste mühseliger

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Einfältiger Beichtunterricht für Christen evangelisch-lutherischen Bekenntnisses. Kommissionsverlag der Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1900, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Beichtunterricht_(4._Auflage).pdf/27&oldid=- (Version vom 17.7.2016)