Seite:Wilhelm Löhe - Betbüchlein für Kinder.pdf/8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

höchsten wie mit einem unsichtbaren Freunde umzugehen und Ihm alles mitzutheilen, was fröhlich und traurig ihr Herz erregt, alles von Ihm zu bitten, was sie gerne hätten. – Indes wollte ich das nicht grade zu unbedingtem Lobe des freien Gebetes der Kinder gesagt haben. Die Majestät des HErrn, deren Erkenntnis dem, der mit Ihm reden will, so nöthig ist, so reinigend und demütigend auf die betende Seele wirkt, das Gespräch mit Gott erst recht zum Gebete macht, ist dem Kind ein ferner liegender Gedanke. Es pflegt mehr mit einem unsichtbaren Gespielen, als mit einem unsichtbaren Gotte zu reden. Deshalb wird dann oftmals aus dem freien Gebete des Kindes ein kindliches Geplauder, an dem man kein Wolgefallen haben kann. Der „kindliche Geist,“ welcher uns „Abba, lieber Vater“ sprechen lehrt, ist nicht ein spielender Geist, sondern ein Geist der Anbetung. – Man könnte deshalb fragen und zweifeln, ob von dem sogenannten freien Gebete der Kinder so viel zu halten sei, als man gewöhnlich davon hält.

.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Betbüchlein für Kinder. S. G. Liesching, Stuttgart 1846, Seite -10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Betb%C3%BCchlein_f%C3%BCr_Kinder.pdf/8&oldid=- (Version vom 20.11.2016)