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heiligen Geräthe werden in den Tempel getragen, der König steht auf seiner Kanzel bereit zu reden. Israel wartet auf die Stimme der Sänger, die Posaunen tönen: da kommt von oben her die Wolke, die Wolke der Gegenwart Gottes und hüllt alles ein. Erst in der Wolke, dann im Feuer erscheint der HErr, um allem Volk zu zeigen, wie ER sich offenbart: eingehüllt in feierliches Dunkel, von dem die Schauer Seiner Gegenwart ausgehen. Es hat dem HErrn gefallen im Dunkeln zu wohnen – sagt Salomo. Die Augen werden geblendet von dem Schein der Wolke, die Priester können nicht stehen vor der Wolke und müßen herausgehen aus dem Heiligthum. So verkündigt sich die Gegenwart des HErrn.

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 Man hat die Frage aufgeworfen, ob der HErr auch nachmals beständig in der Wolke und im Feuer über der Lade sichtbar gewesen sei? Nun, hinter den Vorhang durfte Niemand schauen; auch der Hohepriester durfte nur einmal im Jahr und zwar auch nur unter der Rauchwolke des Gebets hinter den Vorhang gehen. Denn wenn der HErr aus der Wolke segnen soll, so muß Ihm der Mensch mit der Rauchwolke des Gebetes nahen. Da erschien ihm dann der HErr. Wenn aber der Hohepriester wieder hinausgegangen war, dann war es nicht nöthig, daß Jemand die Wolken- und Feuersäule sah; aber jedenfalls ist von dem Tage an, da der HErr im Tempel Salomos einzog, der Tempel Seine wahrhaftige Wohnung, die Stätte Seiner Gegenwart gewesen und geblieben bis zur Zerstörung des Hauses, wie wir bei Ezechiel hören. Sichtbar war der HErr nicht allezeit, aber gegenwärtig ist ER alle Tage gewesen. Es muß ein Zeichen vorhanden sein, daß ER da ist – aber von da an muß das Volk Seine Gegenwart glauben; ER ist gegenwärtig, aber man muß es glauben; Niemand darf hinter den Vorhang gehen und seine Augen überzeugen wollen. Auch

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/113&oldid=- (Version vom 11.9.2016)