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diesem Augenblick, er verliert die Sprache nicht vor dem Wunder, er kann die Wolke deuten als Zeichen der Gegenwart des HErrn und sich des von ihm erbauten Hauses freuen in dieser Stunde und findet den Muth zum Volke zu reden wie sein Vater David. Ein großes, königliches Gemüth des jungen Salomo! Er sieht die bisherige Erfüllung der Verheißungen und gibt in großartigen Worten Ausdruck und Gestalt dem was alle fühlen. Aus dem ganzen Benehmen, dem Reden und Handeln Salomos bei der Tempelweihe sieht man, was der Geist Gottes aus einem Menschen machen kann, der ihm nicht widerstreitet. Später hat er sich von seinem Gott gewendet, da sah er den HErrn nimmer im Licht, geschweige im Dunkeln, da hat er den Weg unter den Füßen verloren am hellen Mittag. Aber in seiner Jugend hatte er erleuchtete Augen, da war seine Seele offen, sein Geist mit Gott verbunden und Gottes Friede war mit ihm. Ruhiger, nüchterner und heiliger konnte Niemand in dieser Stunde reden und handeln. Darum sei Preis dem Gott, der dem Menschen solche Gaben des Geistes und Gemüths gibt, wenn er Seinen Geist in sich walten läßt. Laßt auch ihr den guten Geist in euch walten, widerstrebet nicht und betrübet nicht den Geist Gottes, daß ihr nicht, anstatt Gefäße zur Ehre, Gefäße zur Unehre werdet, zu eurer eignen Schmach und Schande.


2.

 Ihr habt eben gehört, daß für den hohen Feiertag vor dem Brandopferaltar eine eherne Kanzel aufgerichtet worden sei. Ihr könntet euch dabei erinnern, daß manchmal vor euch die Bemerkung gemacht worden ist: die Kanzel sei nicht sehr alt, sondern eine Erfindung der Prediger- und Bettelmönche, welche die Menge des zuhörenden Volks nöthig gemacht hat.

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/115&oldid=- (Version vom 11.9.2016)