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aus dem Brunnen von Bethlehem? Da brachen die drei Helden auf mit einander und schöpften unter den Augen und vor den Wachen der Philister Wasser, trugen es wieder durch die Feinde und kehrten zurück zu David, um ihrem Anführer den Labetrunk seiner Jugend zu bringen. Das geht dem David so ans Herz, daß er’s nicht trinkt, weil seine Helden ihr Leben dran gewagt haben, sondern er gießt es seinem Gott als Trankopfer aus. Er spürt ihre treue Liebe in seinem Herzen; das ist ihm genug.

 Wer ist je so geliebt worden wie David, der einen Jonathan zum Freunde gehabt hat, einen Jonathan, der Freundschaft Urbild für alle Zeiten; und der solche Helden gehabt hat, die eifersüchtig hätten sein können auf ihn und er auf sie. Aber sie eifern nicht, sondern beugen sich vor ihm, noch ehe er die Krone trägt; sie bringen ihm zu trinken mit Lebensgefahr, und er bringt den Trank, den sie in Liebe und Freundschaft ihm geschöpft, zum Opfer dar.

 Da ist’s kein Wunder, wenn der HErr Segen ausschüttet wie Thau vom Hermon, und wenn die Gnade vom Himmel träufelt, daß es duftet wie das Gewand des Hohenpriesters vom heiligen Salböl. Da muß man lieben lernen die heilige Bruderschaft, die die Menschen vereint, daß sie Ein Herz und Eine Seele werden. Da möchte man aber auch an die Brust schlagen und denken an all die Zerwürfnisse, die unter uns die Brüder trennen. Ach daß wir statt an einander zu mäkeln die Bruderliebe gegen einander üben lernten und dem HErrn Weihrauch streuten, denn das Thun der Bruderliebe ist ein Opfer, Gott zum süßen Geruch. Amen.

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Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/20&oldid=- (Version vom 11.9.2016)