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Reiche umher. Weil nun aber er auf Zion thront als Gottes Gesalbter und Unterkönig, so trachtet er darnach, seinen Thronsitz auch zum Sitz des göttlichen Throns zu machen. Neben seinem Thron soll Jehovah thronen. Das ist große Weisheit. Er will nicht auf sich selber stehen, sondern all sein Königthum auf göttlichen Grund gründen. Daß er das will, wer will es ihm verdenken, auch wenn er es anders ausgeführt hätte als er that. Aber wie führt er seine Absicht aus? Läßt er ein Gebot ausgehen, befiehlt er kraft königlicher Gewalt? Nein, er läßt kein Gebot ausgehen: es handelt sich ja um eine religiöse Sache. Er hält einen Rat mit den Hauptleuten und Obersten, er fragt die Gemeine Israels um Rath, er hat die Absicht das ganze Land zu beschicken und insonderheit auch die Priester und Leviten zu befragen. Man sieht: er weiß Königsamt und religiöse Dinge zu scheiden. „Gefällt es euch – sagt er – und ist es von dem HErrn unserm Gott, – so laßt uns die Lade unseres Gottes zu uns wieder holen etc.“ Es kommt alles aus seinem Geist und Herzen, aber ehe er seine Gedanken ausführt, muß erst alles damit übereinstimmen. Für die heiligsten Dinge trachtet er erst den Willen und die Zustimmung seines Volkes zu gewinnen. Ganz richtig sagt ein alter Kirchenvater: kein Gesetz in der Welt bekomme seine gewissensverbindende Kraft durch den Willen des Mächtigen, der es gibt, sondern durch die innere Zustimmung derer, von welchen es Gehorsam erwartet.[1] In geistlichen Dingen ist’s mit einem Gebot von oben herab nicht gethan, da müßen die Herzen ergriffen und der freie Wille gewonnen werden. Wol ist David ein alttestamentlicher König, und es könnte scheinen, als hätten die


  1. Nulla lex sibi soli conscientiam justitiae suae debet, sed eis, a quibus obsequium exspectat, Tert. Apolog.
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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/30&oldid=- (Version vom 11.9.2016)