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ist. Wer fröhlich ist im HErrn, der senkt seinen Kopf nicht, deß Herze geht in Sprüngen. Aber die Tänze dieser Welt bestauben die Gewissen und führen dahin, daß man die Gränze nicht mehr findet zwischen Kirche und Welt. Fern sei darum alles vom Heiligthum, was unheilig ist, und verschieden von der Welt Gebärde sei die heilige Gebärde des frommen Königs von Israel.


3.

 Wenn der König David in der Freude und dem Überschwang seiner Seele beim Tanzen wirklich das Maaß überschritten hätte, wenn irgend etwas geschehen wäre, das Tadel verdient hätte, wer hätte das am wenigsten sehen sollen? Michal, Davids Weib. Statt dessen aber guckte sie zum Fenster hinaus und übte Kritik, während ihr Gemahl in heiliger Begeisterung sich erging. Michal ist kein heiliges Weib, sondern ein Weltkind, denn wie alle Weltkinder hat sie ein scharfes Auge und scharfen Tadel für die Fehler der Heiligen. Heilige Menschen schließen vor vielem die Augen, mögen nicht alles sehen und auf alles merken, wissen auch Maaß im Tadel. Wer selbst innerlich lebt, der sieht an denen, die mit ihm beten und feiern, nur das Gebet und die Feier der Seele. Wer nicht so gesinnt ist, paßt in keine Gemeinschaft der Heiligen in dieser Welt, der wird immer ein misliebiges Glied der Gemeinschaft sein, ein Dorn, der sticht und verwundet. Darum segnet Gott den König, weil er vor Ihm sich gefürchtet und in Ihm sich gefreut und den Hohn der Welt getragen hat. Gott verleihe uns in diesen drei Stücken David nachzufolgen.

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Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/44&oldid=- (Version vom 11.9.2016)