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aufnehmen mit der ganzen Welt. Aber er sollte die genaue Zahl nicht wissen, damit er nicht versucht würde, sein Vertrauen auf sein Heer anstatt auf Gott zu setzen. Er mochte die Stärke seines Heeres schätzen, aber nicht zählen, denn schätzen und zählen ist zweierlei, weil beide Male die Absicht eine verschiedene ist. Weil nun aber David doch die Zählung vornimmt, so muß Gott gnädig drein fahren, damit David nicht untergeht.

 Joab, der nur zögernd und widerwillig an die Arbeit gegangen war, kehrt nun heim, ehe die Zählung vollendet ist: er sieht Gottes Zorn. Ob die Theuerung, die ja nach 2. Sam. 24, 13 sieben Jahre währen sollte, vielleicht schon mehrere Jahre andauerte und man in ihrem Anhalten ein Zorngericht Gottes von wegen der Volkszählung erkannte? Wir wissen’s nicht. Joab übergibt die Zahl dem König, aber dem König schlug sein Herz. Ehe der Seher Gad zu ihm kam, merkte David, daß sein Weg ein falscher sei. Joab hat mit seiner Warnung recht behalten. Aber wie traurig ist es, wenn einem frommen Mann, wie es David trotz aller seiner Sünden gewesen ist, ein eigentlich schlechter Mensch wie Joab als der Bessere gegenübersteht. Man kann freilich sagen: war Joab nicht ein treuer Freund Davids, konnte dieser sich nicht auf ihn verlassen? Ja, Joab war David treu, aber er will der erste neben David sein, und er wird untreu, sowie er merkt, daß ein andrer an seiner Statt emporkommt. Im Grund ist er doch ein schlechter Mensch, der längst den Tod verdient hat. Und dieser Mensch steht nun vor dem großen und gerechten König David in dem einen Fall wenigstens als der Gerechtere da und erhebt wider ihn den Vorwurf: du hast eine Schuld auf Israel geladen. Das ist eine große und schwere Demüthigung für David. Der HErr schlägt ihn innerlich, damit er vorbereitet sei für die Bußpredigt des Schauers Gad.


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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/66&oldid=- (Version vom 11.9.2016)