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Benjamin rühmen unter den Stämmen Israels, weil aus ihm ein König hervorgegangen, der die schönste Krone, die Krone der Demuth, auf dem Haupte trägt. Weil er das nicht konnte, weil er nicht göttlich unterzugehen wußte, so gieng er menschlich, heidnisch, teuflisch unter. Ja, völlig heidnisch! Den Abend vorher hat er Zauberei getrieben und bei Wahrsagerinnen sich Raths erholt, die er doch früher überall ausgerottet hatte. Und den andern Tag stürzt er – wiederum echt heidnisch – sich in sein Schwert, wird ein Verführer seines Waffenträgers und ein Vorbild der Selbstmörder und geht unter mit Schmach und Schande.

 Wer den Weg der Demüthigung gehen kann, der spricht mit David: „Wenn Du mich demüthigst, so machst Du mich groß.“ Wer aber stolzen Herzens ist, der sinkt mit jedem Tag, bis er endlich im Hochmuth stecken bleibt, und erfährt das Wort des Apostels: Den Hoffärtigen widerstehet Gott; sie gehen mit Angst und Elend zu Grunde.


3.

 Warum hat sich denn Saul in sein eigen Schwert gestürzt? Damit die Unbeschnittenen ihn nicht schändlich behandeln könnten. Weil er aber, selbst ein Beschnittener, den Gott der Beschnittenen nicht besser zu ehren weiß, so gönnt der HErr ihm auch nicht, der Schande zu entfliehen. Sein Leichnam muß die größte Schmach erfahren. Die Feinde ziehen ihn aus und lassen den König in nacktem Elend auf dem Berg Gilboa unter dem Thau des Himmels liegen, ein Aas den wilden Thieren. Sein Haupt wird ihm abgeschlagen, seine Rüstung von den Philistern als Trophäe aufgestellt im Haus ihres Gottes und sein Haupt angenagelt an Dagons Thür. Wäre er gestorben den ehrlichen, männlichen Soldatentod, das Schwert in der Hand, hätte er den Tempel, den Gott ihm gegeben,

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/9&oldid=- (Version vom 11.9.2016)