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verdiente einmal einen wohlwollenden Geschichtschreiber und NB. einen Mann von Fach, einen Theologen, weil es doch für andere so schwer ist, den HErrn in seinem Vollendungsgang zur reinen Lehre zu verstehen und Ihm zu folgen.

 Wohl thut heut zu Tage mancher Theologe, als wäre noch wunders viel für die heilige Lehre zu thun und zu erforschen, als könnte die dogmatische Forschung noch viele Palmen und Siege in Emporbringung nicht oder nicht recht erkannter Sätze erringen. Wir könnens aber erwarten. Ja, wir können getrost unser Haupt ins Grab legen, ohne etwas zu versäumen. Man weiß leider meist nicht einmal gründlich, was die Alten überliefert haben, und vermißt sich doch, in selbständiger Forschung neues gewinnen zu wollen. Das ist eben der Jammer, daß man, da doch sonst so viel zur Bestätigung der vollkommenen Lehre zu lernen wäre, immer noch etwas herbeibringen will, was neu wäre und ergänzte. Daß wir immer und immer wieder unsre Kirche auch in der Dogmatik zur Schule machen, theoretisiren, mit dem Rothwälsch der gelehrten, fremden Sprache ringen, wißenschäfteln, und so kindisch hochmütig thun, wenn wir auch einmal der alten Wahrheit – oder beßer oft, dem alten Irrtum – einen neuen Schuh oder ein neues Kleid geschnitten und genäht haben; das hat unsrer Kirche geschadet und schadet ihr noch. Die Kirche ist eine Trägerin gewisser göttlicher Erkenntnis, eine Bewahrerin unsterblicher Wahrheit. Ihre Kinder mögen nur erst durch Kenntnis und Erkenntnis dessen, was von Alters her da ist, reifen und zu Männern werden. Es ist nicht zu fürchten, daß deshalb die Wißenschaft ersterbe. Sie ist nicht davon bedingt, daß man immer aufs neue beginne. Sie hat genug zu thun, auch wenn die Lehre und das Bekenntnis für fertig erkannt wird. Hier ist nichts zu reformiren. In dem Stück ist die Reformation vollendet.

 Wol aber gilt es, der gewonnenen reinen, reichen Lehre die volle Anwendung nach allen Seiten hin zu geben. Noch ist keine Zeit gewesen, in welcher man sich seines Reichtums völlig bewußt geworden wäre, – da man sich ernstlich besonnen hätte, was alles man mit demselben zum Heile der Welt und Kirche anfangen könne. Aus der