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buchstäbelnd alles wegwarf, was nicht eben im oberflächlichsten Betrachten sich als schriftmäßig erwies; so hat sie auch nie für einseitige Auffaßung von Schriftworten sich bestimmt, sondern ihr Streben nach Harmonie der einzelnen Lehren, nach möglichster Vollendung der Erkenntnis ist von Gottes Gnade mit einer allerseits genügenden Faßung der einzelnen Lehren gekrönt worden.

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 In einer Zeit, wo Union das dritte Wort ist, haben sichs deshalb die Kinder der wahren Kirche recht deutlich zu machen, daß ihre Kirche vermöge der Lehre, welche sie bekennt, die Union der Gegensätze sei und daß es der große Beruf der reinen Kirche sei, diese wahre Union zu lehren und immer aufs neue den Kirchen des Gegensatzes gegenüber zu halten, nachzuweisen, daß, was alle wollen, recht verstanden sich in der Lehre unsrer Kirche vereine und durch das Leben dieser Lehre ins Leben gesetzt werde. Weit entfernt, Union auf dem unglücklichen Wege des Uebersehens und Nichtachtens unläugbarer Unterschiede erst äußerlich hinzustellen und dann kindisch zu hoffen, daß sich irgendwo die innere Einigung schon dazu finden werde; weit entfernt, durch menschliche Mittel eine Union erzwingen zu wollen, welche nur durch Einigung der Geister, durch den Geist der Wahrheit zu Wege gebracht werden soll; betet die rechte Kirche ohne Unterlaß um Vereinigung aller Seelen zur Einen reinen Lehre, hofft auch, daß alle Schafe des guten Hirten Seine Stimme in der Predigt der reinen Lehre hören und zur Einen Heerde sich versammeln werden, erkennt aber ihren Beruf zu klar und ist sich ihres Kleinods, des reinen Bekenntnisses und der reinen Lehre zu bewußt, als daß sie irgend jemand Hoffnung machen könnte, durch Aenderung oder Umformung ihres Bekenntnisses die Vereinigung mit ihr zu erleichtern. Sie, die Wächterin der reinen Lehre, kann von der erkannten Wahrheit, von der rechten Mitte aller göttlichen Gedanken, von der Arzenei der Welt, nichts aufgeben, ohne dem Gott, der sie so hoch betraut, untreu und eine Uebertreterin ihres Berufes zu werden. Sie kann auf die Stunde ihrer Verherrlichung warten, scheut sich aber, menschliche Unionsgedanken ins Werk zu mischen. Sie weiß, daß ein Ismael geboren wurde, ein Spötter, als Sarah ungeduldig wurde;