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mitzutheilen. Sie hält es für keinen Schimpf und deutet es auch nicht gerne schimpflich, wenn jemand sagt: „dieser Pastor hält es für genug, wenn er gepredigt, catechisirt, die Sakramente verwaltet, Beichte gehalten und Kranke getröstet hat!“ Sie weiß, daß auch die treuesten Pastoren darin nicht genug thun. Sie hält nicht viel von Vermehrung der Amtsmittel, wohl aber vom rechten Gebrauche der in der Schrift befohlenen und von Alters her anerkannten. Es ist bei vielen eine neue Weisheit, daß man nicht meistergeschäftig, sondern der wenigen, edlen Mittel Meister sein solle; aber die Kirche hat es nie anders genommen. – Mit Einem Worte: Sie wirkt viel durch wenige Mittel!

 Wer die Pastoralanweisungen eines Baxter und noch mehr eines Gottfr. Arnold betrachtet und gegenüber die Pastoralbücher unsrer Väter, dem scheint es im Anfang, als wären in den letzteren der Pastoralmittel und Pflichten zu wenige angegeben, als hätten Baxter und Arnold höhere Begriffe von einem Pastor, als z. B. Balduin und seines Gleichen. Aber ein Erfahrener findet es anders. Genug und übergenug ist geschehen, wenn einer gethan hat, was zur Ausübung der altherkömmlichen Amtspflichten gehört! Ueberflüßig und hindernd hingegen ist die πολυπραγμοσύνη der Neueren! Non multa, sed multum heißt es auch hier. Die Armut unsrer Väter ist reicher, als der Reichtum ihrer Gegner. Durch Abwechslung der Einsamkeit und Oeffentlichkeit, der Stille und des lauten Auftretens, durch Anhalten an dem Wort und Sakrament, durch stilles, aber volles Maß, durch Bescheidenheit und Beständigkeit erreicht die lutherische Kirche ihre Ziele.

 Sie befaßt sich darum auch nicht mit den neuen, obschon hochgerühmten Mitteln zur Beförderung guter Werke. Sie begehrt gute Werke weder Vereins-, noch fabrikmäßig zu betreiben. Sie erkennt, daß Werke, in den Formen moderner Vereine getrieben, leicht andere Werke verdrängen, die Harmonie des mancherlei Guten stören, die Menschen einseitig und unmäßig machen. Sie fürchtet, daß Vereine, die sich aus der Kirche hervorheben, als läge es nun sonderlich an ihnen, Vereine der Maßlosigkeit und Unmäßigkeit werden möchten, selbst wenn sie „Mäßigkeit“ im Schilde führten. Sie ergreift nicht die Schibboleths menschlicher