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auch nicht, weil sie beide vom h. Geiste stammen, der Sich selber nicht widerspricht. Ja, so gewis Gott Jehova Urheber der Schrift ist, so gewiß müßen die dunkeln Stellen mit den klaren übereinstimmen, so wie man sie nur versteht. Dazu behaupten wir mit dem heiligen Augustinus, daß keine Lehre blos in dunkeln Stellen vorkommt, sondern daß eine jede Lehre der hellen Stellen so viele habe, daß, man sie genugsam erkennen könne. Welche Stelle aber klar zu nennen sei, das braucht keinen Unterricht, sondern darüber sitzt der Verstand eines jeden Einfältigen zu gerechtem Gerichte. An die Stellen, die Dir und jedermann klar sind und sein müßen, halte Dich nur fest, sie werden Dich nicht betrügen. Nicht an der Erkenntnis des Dunkeln, worüber meist die Gelehrten so uneinig sind, wie die, welche nur die Uebersetzung lesen, sondern an der Erkenntnis der hellen Stellen liegt das Heil! – Mit gutem Bewußtsein dessen weisen wir Dich darum in die Schrift. Der HErr hat gesagt und zwar zu allerlei Juden ohne Unterschied: „Suchet in der Schrift“; Er muß sie also nicht für ein Nebelland, sondern für eine Fundgrube ewiger Wahrheit gehalten haben. Er setzte hinzu: „Sie ist es, die von mir zeuget“; damit belehrte er uns, daß wir zunächst Zeugnisse über Ihn darin finden können und sollen. Wir dürfen getrost hinzusetzen: „Sie kann euch unterweisen zur Seligkeit“; warum sollten wir nicht auch zusetzen dürfen: „Sie ist nütze zur Lehre.“

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 Die Schrift gleicht dem Sternenhimmel. Wer nur sein Auge vom irdischen Dunkel erhebt, der sieht sogleich jene großen, leuchtenden Sterne erster Größe und die Straße des Lichtes, welche den Himmel gürtet. Des Lichtes gewohnt sieht hernach das Auge der Sterne immer mehr. Endlich scheint auch die Bläue von Licht durchwoben zu sein. So kommen dem Auge des Lesers in der Schrift zuerst jene leuchtenden, mächtigen Sprüche entgegen, deren Sinn sich ohne Misverstand und unläugbar darbeut. Je länger man gestärkt vom ersten Lichte liest, desto mehr Sprüche werden hell und klar. Endlich sieht man nicht mehr allein eine Milchstraße heller Wahrheit im Himmel der Bibel, eine Ahnung, ja eine deutliche, bewußte Erkenntnis vollkommener Harmonie bewältigt uns und erhebt uns. – Drum ist es nicht ein Kunstgriff der Verlegenheit,