Seite:Wilhelm Löhe - Drei Bücher von der Kirche.pdf/50

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Leibe um dieser unbeseelten Auswüchse willen die Gemeinschaft mit der Seele nicht abläugnet; so kann man auch der sichtbaren Kirche ihre völlige Einigkeit mit der unsichtbaren nicht abläugnen, weil sie sich mit Heuchlern und Maulchristen schleppen muß bis zum Tage der Aernte und der Sicht.

 Aus dem Gleichnisse von Seele und Leib läßt sich noch auf andere Weise zeigen, wie gar nicht ein pures Abstractum die unsichtbare Kirche sei. Die Seele ist getrennt von dem Leibe geschaffen und durch des Schöpfers Hand mit dem Leibe verbunden worden. Der Leib vermag ohne die Seele nicht lange zu bestehen, sondern fällt in Staub und Asche dahin, wenn die Seele von ihm ausfährt. Die Seele aber, gleichwie sie getrennt von dem Leib erschaffen ist, kann auch ohne den Leib leben, ja selig sein, wenn gleich auch sie der ewigen Freuden vollkommene Fülle erst nach Wiedervereinigung mit ihrem Leibe erfahren kann. So ist es mit der unsichtbaren Kirche. Sie ist ein Reich der Seelen, welches sich schäftig und mächtig darstellt auch auf Erden durch die Seelen, welche noch in Leibern wohnen; welches ohne Leiber ein mit Christo in Gott verborgenes Leben führt in den Seelen, die abgeschieden und daheim sind bei dem HErrn; welches an jenem großen Tage auch vor Menschen herrlich und majestätisch sich erzeigen wird, wenn die seligen Seelen die lichten, vollkommenen Organe der unsterblichen Leiber werden bekommen haben. Im Leib oder außer dem Leibe, sichtbar oder unsichtbar – ein wahrhaftiges Reich des HErrn sind und bleiben die auserwählten Seelen immer und ewiglich.

 Da nun die unsichtbare und sichtbare Kirche so völlig Eins sind, daß jene von dieser eingeschloßen und diese eine Trägerin aller Güter der unsichtbaren Kirche ist, so ist offenbar, daß man die sichtbare Kirche um der Heuchler willen nicht verächtlich behandeln dürfe, daß vielmehr jeder, welcher zur unsichtbaren Kirche zu gehören wünscht, auch zur sichtbaren gehören müße, – daß mit einem Worte die sichtbare Kirche die Hütte Gottes unter den Menschen und außer ihr kein Heil sei. Der „trennt sich von dem himmlischen Vater, der sich von der Kirche seiner Mutter, trennt; der scheidet sich vom ewigen Bräutigam, der sich von der ewigen Braut des HErrn scheidet; der verliert seinen Geist,