Seite:Wilhelm Löhe - Drei Bücher von der Kirche.pdf/97

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht nöthig, daß wir ein futurum conditionatum zu Hilfe nehmen, um zu beweisen, daß ein Primat, wie gegenwärtig Rom sichs anmaßt, nicht im Sinne des Altertums gelegen sei. Steht doch das ganze Morgenland seit so vielen Jahrhunderten gegen Rom und sein Primat als Zeuge da! Das sind die Lande der alten morgenländischen Patriarchate, welche von den ersten Zeiten her ein angestammtes, kräftiges Zeugnis gegen Rom ablegen. Es sind nicht allein die sogenannten Protestanten, welche in der Lehre gegen das römische Primat zusammenstimmen; nein, es ist die überwiegende Mehrzahl der ganzen Christenheit auf Erden, welche nichts von einem römischen Primate wißen will. Die Protestanten hätten allenfalls Melanchthon nach dem Papste menschlichen Rechtens ein Primat nicht allein, nein eine Art von Herrschaft eingeräumt; bei den Morgenländern aber ist die Entfremdung noch viel stärker, sie würden auch das um keinen Preis zulaßen. Und wenn nun nur diese römische Kirche, die sich der Einigkeit zwischen Haupt und Gliedern so sehr rühmt, selbst einig wäre und zwar zunächst nur in dem Punkte, um den sichs handelt, – im Punkte des römischen Primats, des Schlußsteins der ganzen Hierarchie. Aber auch sie selbst sind unter einander nicht einig. Der schon einmal berührte Punkt vom Verhältnis des Papstes zu den Concilien ist mitnichten ausgekämpft und zur Ruhe gekommen, und was zu Zeiten der Hohenstaufen, Ludwigs des Bayern, von der gallicanischen Kirche etc. gegen die Herrschaft des Papstes innerhalb der röm. Kirche selbst gesagt worden ist, wird noch immer lauter und leiser verhandelt.

.

 Und die Einigkeit, welche sich von den Päpsten herunter auf die ganze Kirche erstrecken soll – vermöge Succession der Bischöfe? Auch sie ist des hohen Ruhmes nicht werth, wie bereits oben angedeutet. Dazu machen andere Kirchen z. B. die morgenländischen, die anglicanische etc. denselben Anspruch auf Succession der Bischöfe und erfreuen sich einer eben so zusammenhängenden Verfaßung und äußerlicher Centralisation als die römische Kirche. Ja, es gibt lutherische Lande, in denen man, so wie man nur einen Werth darauf legen möchte, ganz gut eine Succession nachweisen könnte, welche keineswegs löcheriger sein