Seite:Wilhelm Löhe - Ein Conferenzvortrag in Betreff der Rosenmonate heiliger Frauen.pdf/22

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Christen, wie etwa der Theresia a Jesu, in die Jahrhunderte nach der Reformation fiele, also in die Jahrhunderte des hellen Gegensatzes zwischen der römischen Kirche und den verschiedenen protestantischen Kirchen, würde ich so schnell mit der Antwort nicht fertig werden, wie mancher andere. Wie viel weniger werde ich leichthin urtheilen dürfen, wenn es sich um Persönlichkeiten handelt, welche die Gnade der Reformationszeit, das helle Licht der Lehre von der Gerechtigkeit allein aus Glauben gar nicht kannten, denen bei ihrem Bibellesen rücksichtlich dieses Punktes die Augen durch die Ansicht ihrer Zeitgenoßen und der vorangehenden Zeit getrübt waren, die in gar keinem bewußten, ja kaum in einem unbewußten Gegensatz gegen dieselben standen. Sie konnten eben so wenig Lutheranerinnen, als Feinde des lutherischen Glaubens sein, weil es eine lutherische Kirche damals noch nicht gab; wohl aber sehe ich bei vielen unverkennbar, daß sie trotz der Klippen der eigenen Gerechtigkeit, von denen ihre Fahrt beirrt ward, dennoch die Gnade in Christo Jesu suchten, voll Glaubens, Liebe und Andacht an Jesu Christo hiengen, mit uns Protestanten demselben Teufel und derselben Welt entsagten, denselben dreieinigen Gott anbeteten, denselben menschgewordenen und gekreuzigten Erlöser Jesus Christus für ihren einzigen Helfer erkannten, Sein Leiden ein Paradies ihrer Freuden sein ließen, und an den Gnadenmitteln hiengen, so weit ihre Erkenntnis reichte. Wenn sie nun den Weg Gottes nach dem Lichte giengen, das sie hatten, ja wenn das trübe Licht, das vergleichsweise