Seite:Wilhelm Löhe - Ein Conferenzvortrag in Betreff der Rosenmonate heiliger Frauen.pdf/23

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trübere Licht, das ihnen leuchtete, ihnen dennoch durch ihre Klippen hindurch den Weg also zeigte, daß die Liebe zu Jesu ganz offenbar mehr als das Vertrauen auf ihre Werke und Kasteiungen hervortritt; soll ich ihnen den Rücken kehren, wie wenn sie nie gelebt hätten, sie ignorieren, oder gar als Leute verwerfen, die mir böses Beispiel hinterlaßen haben? Ich darf einen fremden Knecht und eine fremde Magd nicht richten, weil sie ihrem Herrn stehen und fallen: wie soll ich die richten, die doch zu meiner geistlichen Verwandtschaft in den früheren Zeiten offenbar gehörten, so daß ich sie fremde Knechte und Mägde kaum nennen darf? Es ist eine ganz andere Sache, wenn ich den Heilsweg beurtheile, welchen sie ihren Lehrern nach eben so betreten haben, wie die Mehrzahl aller Zeiten andern nachgeht. Wo habe ich denn ihren Weg gelobt, wann ihn gepriesen? Habe ich nicht vielmehr allenthalben vorausgesetzt, als unwiderlegliche Wahrheit angenommen, daß der Heilsweg, wie die lutherische Kirche ihn lehrt, wie auch ich ihn seit dreißig Jahren gelehrt habe, und bis in den Tod lehren werde, der einzig richtige sei? Wenn ich aber eine Zeit vor mir habe, und Personen, die den Weg nun einmal nicht kannten und darum nicht gehen konnten; wenn es sich gar nicht darum handelt, welchen Weg ich gehen, sondern wie ich diese Personen beurtheilen soll: muß ich sie dann verwerfen, weil sie bei aller Liebe zu Christo, dem gemeinschaftlichen Herrn, den einfachen Weg nicht kannten, der mir den Gang zur Ewigkeit so viel leichter macht? Wäre es nicht möglich, daß, ich will nun nicht