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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

zusammen. Maria aber stand vor dem Grabe und weinte draußen. Als sie nun weinte, guckte sie in das Grab, und sieht zwei Engel in weißen Kleidern sitzen, einen zu den Häupten, und den andern zu den Füßen, da sie den Leichnam JEsu hingelegt hatten. Und dieselben sprachen zu ihr: Weib, was weinest du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen HErrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie Ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich zurück, und sieht JEsum stehen, und weiß nicht, daß es JEsus ist. Spricht JEsus zu ihr: Weib, was weinest du? Wen suchest du? Sie meinet, es sei der Gärtner, und spricht zu Ihm: Herr, hast du Ihn weggetragen, so sage mir, wo hast du Ihn hingelegt, so will ich Ihn holen? Spricht JEsus zu ihr: Maria. Da wandte sie sich um, und spricht zu Ihm: Rabbuni; das heißt: Meister. Spricht JEsus zu ihr: Rühre Mich nicht an, denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater. Gehe aber hin zu Meinen Brüdern, und sage ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott. Maria Magdalena kommt und verkündiget den Jüngern: Ich habe den HErrn gesehen und solches hat Er zu mir gesagt.


Gesang der Väter.

 Heut sollen all Christen loben das Osterlamm mit Freuden. Solch Lamm hat Gott versöhnet. Seinem Vater unsre Schuld, und Sein Schaf erlöst mit Seiner Unschuld.

 Tod und Leben, die stritten um Christ, den wahren Mittler, der HErre des Lebens regiert ewig.

 Sag uns nu, Maria, was sahst du am Weg allda? Das Grab des lebendigen Gottes und den Preis Christi, der erstanden ist; der Engel Gezeugnis, (das) zeugt, daß Christ erstanden ist; Sein Schweißtuch und heilige Kleider; Bescheid, Ihn zu sehn in Galiläa.

 Es ist viel mehr zu gläuben allein Marien wahrhaftig, denn was die Juden sagen unnützlich.

 Wir wißen, daß der Christ vom Tod erstanden ist wahrlich. Drum gib uns, HErr Gott, Dein Freude ewiglich. Halleluja!


1 Cor. 15, 1–11.

 Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, des Evangelii, das ich euch verkündigt habe, welches ihr auch angenommen habt, in welchem ihr auch stehet; durch welches ihr auch selig werdet, welcher Gestalt ich es euch verkündiget habe, so ihr es behalten habt; es wäre denn, daß ihr es umsonst geglaubt hättet. Denn ich habe euch zuvörderst gegeben, welches ich auch empfangen habe, daß Christus gestorben sei für unsere Sünden, nach der Schrift; und daß Er begraben sei und daß Er auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift; und daß Er gesehen worden ist von Kephas, darnach von den Zwölfen. Darnach ist Er gesehen worden von mehr denn fünf hundert Brüdern auf einmal, derer noch viele leben, etliche aber sind entschlafen. Darnach ist Er gesehen worden von Jakobo, darnach von allen Aposteln. Am letzten nach allen ist Er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, als der ich nicht werth bin, daß ich ein Apostel heiße, darum, daß ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber von Gottes Gnade bin ich, das ich bin, und Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet, denn sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Es sei nun ich oder jene, also predigen wir, und also habt ihr geglaubet.

 Die es gesehen, die haben es bezeuget, und der HErr hat ihr Zeugnis besiegelt durch die Gaben Seines heiligen Geistes und allerlei Zeichen. Der HErr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja! Es ist keine That Gottes auf Erden geschehen, die so viele Zeugen hätte, als die Auferstehung unseres HErrn, so viele treue, einstimmige Zeugen! Es ist auch keine That Gottes von Ihm selber der Welt so angepriesen und empfohlen worden, als die Auferstehung unsers HErrn! Die Erde bebte, Engel fuhren nieder, heilige Leiber standen auf, Wächter flohen, Pharisäer und Schriftgelehrten konnten das Geschehene durch keine Lüge verdecken, sie fanden keinen Schleier der Finsternis, welcher den Glanz des Ostermorgens hätte verhüllen können. Was den Klugen und Weisen nicht verborgen bleiben konnte, und doch verborgen blieb (denn sie erkannten es nicht), das bezeugten die Unmündigen, die zwölf Fischer, Zöllner u. dgl. Und ihr Zeugnis hat überwunden und blieb selbst unüberwunden! Der Auferstandene ist geglaubt worden von zahllosen Kindern der Kirche, die auf Erden streitet, und es schauen Ihn alle Seligen. Was hilft dein Widerspruch, Hölle? Der HErr ist auferstanden! Was hilft dir dein Hohnlächeln, dein Läugnen, o Welt? Er ist auferstanden, sieh die Millionen, die sich heute mit Halleluja der Auferstehung

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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/355&oldid=- (Version vom 1.8.2018)