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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

zu weisen, und nur noch die Ohren für den grollenden Donner des apostolischen Wortes zu öffnen. „Von diesen Werken des Fleisches, schreibt der Apostel, habe ich euch zuvor gesagt und sage noch zuvor, daß, die solches thun, werden das Reich Gottes nicht ererben.“ Die solches thun, werden das Reich Gottes nicht ererben. Das ist wie grollender Donner der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Gerichts über diejenigen, welche allen jenen Sünden fröhnen und doch Christen sein und die Hoffnung des ewigen Lebens haben wollen. Nein, die solches thun, werden das ewige Leben nicht ererben. Es gibt eine Buße, eine Bekehrung auch von diesen Sünden, auch sie werden vergeben, das Blut Christi macht rein von aller Sünde. Aber die unbußfertig, frech, lustig drin verharren, andere verführen, beßeren Christen ihren Sündenschmutz verläumderisch anwerfen, – sich nicht wenden, nicht ändern, nicht beßern laßen: die werden das Reich Gottes nicht ererben. Sie werden es inne werden, sie werden es erfahren, sie werden des ewige Zeugen sein, – aber ihre freche Hingabe an die Sünde, ihre Verzweiflung an einem guten Kampfe wird kein Recht behalten, sondern in voller Lüge erscheinen, wenn es zu spät sein wird zur Aenderung.

 Aber, o HErr, hilft auch mein Eifern? Wie lange eifere, wie lange zeuge und rufe ich schon! Hilf Du Deinem Worte, Deiner Wahrheit und schaff in uns Buße, Glauben, Heiligung und rechtschaffenen Kampf gegen das Fleisch und seine Lust, hellen Sieg Deines Geistes und Seiner seligen Regung! Amen.




Am fünfzehnten Sonntage nach Trinitatis.

Gal. 5, 25 – 6, 10.
25. So wir im Geist leben, so laßet uns auch im Geist wandeln. 26. Laßet uns nicht eitler Ehre geizig sein, unter einander zu entrüsten und zu haßen. 1. Lieben Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehler übereilet würde, so helfet ihm wieder zurecht mit sanftmüthigem Geist, die ihr geistlich seid. Und siehe auf dich selbst, daß du nicht auch versuchet werdest. 2. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. 3. So sich aber Jemand läßt dünken, er sei etwas, so er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. 4. Ein jeglicher aber prüfe sein selbst Werk; und alsdann wird er an ihm selber Ruhm haben, und nicht an einem andern. 5. Denn ein jeglicher wird seine Last tragen. 6. Der aber unterrichtet wird mit dem Wort, der theile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet. 7. Irret euch nicht, Gott läßt Sich nicht spotten. Denn was der Mensch säet, das wird er ernten. 8. Wer auf sein Fleisch säet, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten. Wer aber auf den Geist säet, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. 9. Laßet uns aber Gutes thun, und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. 10. Als wir denn nun Zeit haben, so laßet uns Gutes thun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

 NIcht zweien Herren, nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen wollen – ist der allgemeine, warnende Zuruf des heutigen Evangeliums. Und eine Anwendung, welche der HErr im Evangelium auf das Leben des Einzelnen macht, ist die, daß man also auch für Speise und Kleidung nicht ängstlich sorgen solle, weil auch dies Sorgen nichts anderes ist als Mammonsdienst und allen wahren Gottesdienst tödtet. Das ist im Kurzen die Uebersicht des heutigen evangelischen Textes. Gleichlautend dem Worte des hochgelobten Erlösers ist das Wort des Apostels Paulus. Nicht zweien Herren dienen wollen – ruft der HErr; der Apostel aber, ein getreues Echo, ruft uns zu, nicht dem Geiste und dem Fleische zugleich dienen zu wollen. Gott und Mammon, Geist und Fleisch – das sind Gegensätze, welche einander

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 099. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/475&oldid=- (Version vom 1.8.2018)