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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

das werde erstes Ziel des Lebens für alle, die es nicht erreichten bis zu dieser Stunde. Wer aber Gotteserkenntnis hat und dem Evangelium gehorsam ist, der bete und ringe den Thessalonichern nach, daß sein Glaube reichlich wachse, seine Liebe sich mehre, seine Geduld sich bewähre, – er mache Beruf und Erwählung fest, damit auch er Erquickung, Verherrlichung und Bewunderung des HErrn finde und erfahre.

 In dieser letzten bösen Zeit wirke Gott, der HErr, in uns allen der Thessalonicher große Gnade, schenke uns ihre große, selige Zukunft und bewahre uns vor den Schrecken Seiner Zukunft! Amen.




Am siebenundzwanzigsten Sonntage nach Trinitatis.

2. Petr. 3, 3–7.
3. Und wißet das aufs erste, daß in den letzten Tagen kommen werden Spötter, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln, 4. Und sagen: Wo ist die Verheißung Seiner Zukunft? Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Creatur gewesen ist. 5. Aber Muthwillens wollen sie nicht wißen, daß der Himmel vor Zeiten auch war, dazu die Erde aus Waßer, und im Waßer bestanden durch Gottes Wort; 6. Dennoch ward zu der Zeit die Welt durch dieselbige mit der Sündfluth verderbet. 7. Also auch der Himmel jetzund und die Erde werden durch Sein Wort gesparet, daß sie zum Feuer behalten werden am Tage des Gerichts und Verdammnis der gottlosen Menschen.

 WIe selten ist es, daß die Kirche einen siebenundzwanzigsten Sonntag nach Trinitatis feiert! Die meisten Jahre schließen mit einem Sonntage der minderen Zahl ab. In diesem Buche, das Speise aus Gottes Wort für alle Fälle bieten soll, fehle denn auch für den Sonntag, wenn er eintritt, Lection und Vortrag nicht. Wer das Verzeichnis der kirchlichen Sonntagslectionen der Lutheraner kennt, der weiß, daß für die zwei letzten Sonntage nach Trinitatis mehrere Lectionen verzeichnet stehen: bei der Seltenheit der Jahre, die einen 26. und 27. Trinitatissonntag bringen, hat es die Kirche nicht zur vollen Sicherheit der Wahl gebracht. Es findet sich für beide Sonntage 2. Thess. 1, 3–10., es findet sich für beide die eben verlesene Lection 2. Petr. 3, 3–7. verzeichnet. Zwischen ihnen, als den Lectionen, welche unter mehreren am meisten gelesen zu werden pflegen, war meine Wahl für diesen und den vorigen Sonntag. Ich wählte für den vorigen Sonntag die Lection aus dem zweiten Thessalonicherbriefe, für den heutigen die aus dem zweiten Briefe Petri. Mein Grund für diese Wahl und Reihenfolge wird euch, meine theuern Brüder, bald klar werden, wenn ich euch zuvor einen andern Gedanken werde vorgelegt haben.

 Ihr könntet nemlich die Bemerkung gemacht haben, daß alle Lectionen der drei letzten Trinitatissonntage, so Evangelien wie Episteln, von der Wiederkunft Christi und den letzten Zeiten handeln. An die Bemerkung könnte sich die Frage angeschloßen haben, warum doch so viele Lectionen nur von diesem Thema reden. Wollte man sagen, weil die Jahre so selten eintreten, welche einen 25., 26., und 27. Sonntag nach Trinitatis bringen, so habe man dahin gesorgt, daß die Erinnerung an die kommende letzte Zeit so leicht nicht fehle: so würde man damit doch nicht völlig Befriedigendes gesagt haben. Man hätte ja verordnen können, daß man immer am letzten Sonntage des Kirchenjahres die oder jene festbestimmte Lection vom Ende der Weltzeit, in der wir leben, lesen sollte, für die dem letzten vorausgehenden Sonntage aber die und die Texte von anderem

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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/554&oldid=- (Version vom 1.8.2018)