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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

der Menschheit in die Gottheit, die ewige Vereinigung Gottes mit der Menschheit in Christo JEsu und was Immanuel in solcher Vereinigung vollbracht hat, eine ewige Krone der Ehren Gottes.

 Die Erde wird gleichfalls immer mehr des Sohnes Eigentum, gleichwie es der Himmel ist. Daß JEsus ist Gottes Wohlgefallen unter den Menschenkindern, daß Ihm um JEsu willen alle Menschen wohlgefallen, denen JEsus wohlgefällt, − daß JEsus ist „Friede auf Erden“ und kein Friede ist außer in Ihm: das erfahren von dem menschlichen Geschlechte immer mehr, und immer mehrere werden es erfahren, bis es heißen wird: „Nun sind die Reiche der Welt Gottes und Seines Christus geworden.“ Die Zahl der Heiligen Gottes, um deren willen die Erde und die Welt erhalten werden, nimmt immer zu und wächst unaufhaltsam, wenn gleich auch die Anzahl derjenigen sich immerfort vervielfacht, die verloren gehen. Endlich wird die Zeit kommen, wo eine vollkommene Scheidung geschehen wird, wo die Erde wird verneuert werden sammt dem Himmel, wo Ehre wird sein in der Höhe, wo vollkommener Friede die Erde umfaßen und das Lamm Gottes und in ihm Gottes Wohlgefallen auf der neuen Erde, unter den seligen Völkern wohnen wird von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dann wird JEsus, der heute Geborene, nicht bloß von der engelischen Schaar, sondern von der Heerschaar aller seligen Menschen, aller Creaturen gepriesen werden, und das hohe Lied des Neuen Bundes, welches diese Nacht erklungen ist, wird als ein ewiges Opfer von allem, was Leben haben wird, dargebracht werden. − So eilet alles zur Vollendung − vollkommene Wahrheit wird werden der Engel Lied, und alle Gottesverheißungen werden Ja sein und Amen in Christo.


 Und du, meine Seele, und du? die Menschheit, welche von Gott erwählt ist, die Kirche Gottes, wird ihr Ziel erreichen und vereinigt mit den Engeln im Lobe JEsu selig, im Lobe JEsu heilig leben ohne Ende: − aber du, meine Seele? Ist Jesus dein, dein Friede? Ist Er, der Gottes Ehre und Wohlgefallen ist, auch deine Ehre und dein Wohlgefallen? Ist ER deine Freude, und darum Sein Geburtstag dein Freudentag? Und ist die Freude am HErrn deine Stärke zu allem Guten? Bist du Sein, Er dein?

 Laßet mich schweigen! Es folge eine Stille! Es gehe ein jeder in sich und prüfe sich! Der HErr aber verleihe, daß am Tage Seiner zweiten Zukunft von uns allen keiner fehle, sondern jeder unter der Zahl der ewigen Lobsänger stehe! Amen.




Am zweiten Weihnachtstage.

Evang. Luc. 2, 15–20.
15. Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten unter einander: Laßt uns nun gehen gen Bethlehem, und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der HErr kund gethan hat. 16. Und sie kamen eilend, und fanden beide, Mariam und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegend. 17. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20. Und die Hirten kehrten wieder um, preiseten und lobeten Gott, um alles, das sie gehöret und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

 DIeses Evangelium erscheint dem oberflächlichen Betrachter zumal im Vergleich mit dem gestrigen überreichen Texte als arm. Die Prediger griffen deshalb je und je lieber zu den Texten des Stephanustages, welchen wir ja heute auch begehen. Diese Texte bilden zwar einen großen Gegensatz zum Weihnachtsfeste,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 034. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/45&oldid=- (Version vom 22.8.2016)