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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

unsre Seele und macht uns durch Offenbarung einer der zeitlichen verwandten, ewigen Ordnung den Himmel heimatlich und angenehm. Er erhebt des Hauptmanns Worte von der Ordnung in Seinem Reich durch Sein Wohlgefallen und durch die eigenen Auslegungen Seines Mundes, Seiner Apostel und Propheten zu göttlicher Offenbarung.


 So haben wir also den HErrn in Seiner Herrlichkeit, den Glauben in mancher Seiner Eigenschaften und alle beide in der heiligen Ordnung des Reiches Gottes erkannt. Wie der HErr voll Herrlichkeit ist, so auch die Gemeine, Seine Braut. Sie ist herrlich inwendig durch den Glauben und der Glaube wirkt auch die herrliche Schönheit ihrer erscheinenden Gestalt, die schönste Unterordnung unter ihr hochgelobtes Haupt, die liebliche Gliederung ihres ganzen Leibes.

 Gottes Kinder haben Gottes Art. Er ist ein Gott der Ordnung, und sie sind Kinder der Ordnung Gottes. Alles, was zur Ordnung Gottes gehört, ist ihnen lieb und angenehm. Sie wandeln gottergeben in der Ordnung des Heils von der Welt zum Himmel. Sie freuen sich der Ordnung der Gottesdienste, welche so völlig übereinstimmt mit der Ordnung des Heils. Was der Dienst im alten Testamente, was die Stiftshütte und der Tempel, was der ganze Dienst im Tempel versinnbildlicht hat, das finden sie in Geist und Leben wieder in den schönen Gottesdiensten des neuen Testamentes. Vom Brandaltar bis zum Allerheiligsten, vom Leviten bis zum Hohenpriester, von einem Feste des Tempels zum andern finden sie alles wieder, nur alles nicht als Schatten, sondern wesenhaft − und sie nehmen deshalb nicht spielend mit heiligen Gebräuchen, sondern kindlich fröhlich und tief erquickt an allen Gottesdiensten des HErrn ihren Theil. Die heilige Ordnung des Gottesdienstes ist in ihnen Leben, Friede, Freude, Vorschmack des Himmels. Ihre Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen − ihr Gang vom Worte zur Anbetung und zum Sacramente ist ihnen eitel heilige Ordnung auf der Pilgerfahrt zum Himmel, eitel Himmelsweg. Und wenn der HErr gebeut, den Aeltesten unterthänig zu sein, wenn der Aelteste in der Gemeine der Gesunden, der Diaconus unter den Armen und Kranken weidend, leitend, ordnend, segnend waltet, so freut sich ihr Herz und sie heißen lieblich die Füße der Hirten und die Hände der Diener. Gesegnet sind die Kinder Gottes, die Gläubigen JEsu, welche den Schmuck der Zeit, die heiligen Ordnungen Gottes, sich zur Lebensfreude erwählten. Wie werden sie vorbereitet für die Freude der ewigen Ordnungen! Wie winken ihnen die Tische und die Patriarchen, − und der HErr unter ihnen und über allen! − HErr, Dein guter Geist leit uns auf Deiner ebenen Bahn zu den Freuden Deiner Auserwählten! Amen.




Am vierten Sonntage nach dem Erscheinungsfeste.

Evang. Matth. 8, 23–27.
23. Und er trat in das Schiff, und Seine Jünger folgten Ihm. 24. Und siehe, da erhob sich ein groß Ungestüm im Meer, also daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und Er schlief. 25. Und die Jünger traten zu Ihm, und weckten Ihn auf, und sprachen: HErr, hilf uns, wir verderben! 26. Da sagte Er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? und stand auf und bedräuete den Wind und das Meer; da ward es ganz stille. 27. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam ist?

 DIeses Evangelium eröffnet uns eine Aussicht auf den schönen See Genezareth, an dessen Ufern der HErr so gerne wandelte und wohnte. Rings eingefaßt von fruchtbaren Bergen, wird er von keinem Wind noch Sturm aufgeregt. Sein süßes, klares, tiefes Gewäßer ruht in seinem paradiesischen Bette so still, und

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 087. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/98&oldid=- (Version vom 22.8.2016)