Seite:Wilhelm Löhe - Lebenslauf einer heiligen Magd Gottes aus dem Pfarrstande 2 Aufl.pdf/18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

that sie das Ihrige, ja immer rüstiger und muthiger wurde sie. Wenn ich früher schon die Entwickelung ihrer Seele und ihrer Geisteskräfte mit fröhlichster Befriedigung betrachtet hatte, so erregte mir im letzten Sommer ihr rascher Gang zur Vollendung oft wirkliche Besorgnis. Eine bange Ahnung bemächtigte sich meiner. Wenn ich ihr zuweilen in’s Auge schaute, war es, als vernähme ich eine Botschaft des Todes. Oft war mir, als läge sie im untern Raume des Hauses im Sarge und ich drücke ihr zum letzten Male die kalte Hand, so wie ich es hernachmals wirklich that und thun mußte! – Ich weiß nicht, was man davon sagen will, aber es ist nicht zu läugnen, daß wir von den Dingen, welche nach der Meinung des Volkes Tod weißagen, auffallende Erfahrung machten. Einmal z. B. stand das ganze Haus am lichten Tage und hörte jenem unbegreiflichen Glucken zu, welches das Volk „dem Todtenhühnlein“ zuschreibt. – Es war überhaupt so manches Ungewöhnliche in unserer Umgebung, wie wenn eine selbst der leblosen Creatur theure Person in Gefahr wäre. – Doch alles das achtete man nicht. Eine theure Freundin konnte Helenen bei dem letzten Besuche, den ihr diese machte, nie ohne Thränen ansehen, ohne doch zu wißen, warum? Eine andere wurde zu dem ihr selbst nicht wohl begreiflichen Ausspruch, daß Helene keines langen Lebens sein werde, hingerißen. Meine alte Mutter jammerte oftmals in unbegriffener Angst und behauptete, es müße der Familie ein schwerer Schlag bevorstehen etc. etc. Auch dessen achtete man nicht! – Am Tage aller Heiligen hatte ich von der triumphierenden Kirche in einer Betstunde geredet. Es