Seite:Wilhelm Löhe - Lebenslauf einer heiligen Magd Gottes aus dem Pfarrstande 2 Aufl.pdf/30

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uns denn.“ So fand sich am Worte ihre Einfalt zurecht. – Schon vorher, am 13. Mai 1837, hatte sie geschrieben: „Nach Ihm ist mir mein theurer Bräutigam der Nächste, mein Liebster. Ich wünsche, daß unsere Liebe recht nahe, innig, einfältig werde. Mein Herr bleibst du aber doch immer, denn Gott sprach zu Eva nach dem Sündenfalle: Dein Wille soll deinem Manne unterworfen sein, und er soll dein Herr sein.“ Mit Einfalt erfaßte sie alle Lebensverhältnisse, und es gelang ihr eben so echte Jungfräulichkeit, jungfräulichbräutliches Wesen und reine Weiblichkeit mühelos. Das zeigte sich hernach auch in der Ehe. Die meisten Frauen können ihren Männern nicht recht beichten und thun auch am besten, nicht sie zu Beichtvätern zu nehmen. Helene brauchte das nicht: das trauliche Du, das magdliche „Herr Pfarrer“, das: „Würdiger, lieber Herr, Ihr wollet meine Beichte hören“ – gelang ihr ohne alles Heucheln eines wie das andere; nicht Kunst, sondern Aufrichtigkeit und Wahrheit war bei dem allen. Einfalt leitete von einem Benehmen zum andern. Und diese Einfalt, die von innen nach außen mühelos lebt, in heiliger Unmittelbarkeit und Ursprünglichkeit sich in jeder Lage frei und kindlich bewegt, für jede Lage das freie, aufrichtige, innere Verhalten findet, – das war Helenens Theil und schönste Gabe. Sie konnte drum ihre Unwißenheit zeigen, ungeschickte Fragen bringen, die geringste Schülerin sein, ohne daß sie einmal sich linkisch benahm. Wie wenn sie voll Weisheit und Erkenntnis redete, nahm man ihr Fragen und kindlich Forschen auf. Oft aber fand sie kraft der Einfalt das schönste Wort zum schönsten Sinn und