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Vollbringen geben und die Erhörung. – Merket euch aber, damit ihr nicht vergeblich bittet, was ich euch ferner sage.


III.

 Vor dem Glauben keine Heiligung. – Unter dem Glauben meinen wir hier nichts anderes, als den Glauben an das versöhnende Leiden und Sterben Christi. Ehe der Mensch die Macht von Gott empfangen hat, eine feste Zuversicht auf dies Leiden und Sterben Christi zu setzen, – ohne Wanken zu glauben, daß Christus in diesem Leiden und Sterben an unserer Statt unsere Strafen für alle unsere Sünden büßte, – ehe er dadurch ein Vertrauen und eine Freudigkeit zu Gott selbst gefaßt hat, ist es nicht möglich, heilig zu werden. Manche Menschen wollen sich zuerst zum Glauben zubereiten und glauben sich die Vergebung der Sünden erst dann zueignen zu können, wenn sie die Sünde abgelegt haben; allein damit wollen sie wieder die Vergebung der Sünden verdienen, welche doch unmöglich durch einige geringe Werke der Menschen verdient werden kann, da sie selbst der Sohn des lebendigen Gottes für uns nur durch die Hingabe Seines Lebens und durch ein dreiunddreißigjähriges Leben, wie insonderheit durch Seinen bittern Tod, zuwege bringen konnte. Wer mit seinen Werken Gottes Gerechtigkeit zufrieden stellen und die Vergebung der Sünden erkaufen will, der weiß freilich nicht, wie groß und hoch nötig ihm dies edle Gut ist. Auch fällt er eben in den Irrtum, welchen wir schon bekämpft haben, nämlich in den, zu meinen, es sei möglich, aus natürlicher Kraft etwas Gutes zu thun, was nach Gottes Wort eine Lüge ist. – Wenn ein Mensch gläubig geworden ist, so ist er mit Gott vereinigt; denn der Glaube ist nichts anderes als die Wiedervereinigung unseres Herzens mit dem Herzen Gottes. Ist die Schuld vergeben, die Strafe gebüßt, so ist das Herz auch wieder mit dem HErrn zu vereinigen – und die Annahme Seines Büßens, die Zuversicht darauf, ist die Vereinigung selbst. Ist man mit Ihm einmal eines Sinnes, so kommt man auch in den Genuß Seiner Kräfte