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Verwandten und Freunden wohl aufgehoben und gingen wieder auf den Heimweg. –

 Dies Betragen der frommen, innig liebenden Mutter Maria zeigt uns den Knaben JEsus in einem großen, herrlichen Lichte. Sie muß sich auf ihr frommes Kind haben verlassen können, weil sie Seinetwegen so unbesorgt ist, da sie Ihn bei der Abreise nicht bei sich findet; – sie muß Ihm eine große Weisheit und Tugend zugeschrieben haben, weil sie Ihn sich selber so ganz überließ, – sie muß von Ihm schon gewohnt gewesen sein, daß ER alles recht machte, weil sie an Ihm nicht irre wurde, da sie Ihn nicht gleich fand.

 Das Zutrauen, welches Maria zu dem heiligen Knaben JEsus haben konnte, dürfen wir zu unsern Kindern nicht haben. Unsere Kinder sind keine JEsuskinder, daß sie von selbst und ohne viele menschliche Belehrung den Weg dahin finden könnten, wo der Vater und Seine Ehre wohnt. Unsere Kinder sind in Sünden empfangen und geboren, – und obwohl in der heiligen Taufe abgewaschen und mit dem Rock der Gerechtigkeit geschmückt, werden sie doch bald wieder mit dem Kote dieser Welt beschmutzt, und die Welt reißt ihnen den heiligen Rock der Gerechtigkeit und Unschuld bald vom Leibe. Unsere Kinder brauchen viel Geduld, Leitung und Gebet und viel Segen von oben, wenn sie dem Verderben entrinnen und den schmalen Weg finden sollen, der zum Leben führt. – Ohne Leitung können unsere Kinder nicht sein; weicht die Aufsicht der Eltern von ihnen, so wird gleich der Versucher hinzunahen und sie verführen in allerlei Schande und Laster.

 Dies habe ich zur Genüge an unsern Kindern erfahren. An siebzig Mädchen und vierzig Knaben, die ungefähr im Alter JEsu sind, sind diese Woche beim Tanz gewesen. Brüder! es giebt Leute, welche den Tanz für erwachsene Jünglinge und Mädchen nur als ein unschuldiges Vergnügen betrachten. Die heilige Schrift stimmt ihnen nicht bei, ich auch nicht. Aber ich will mich heute dabei nicht aufhalten, – obwohl es notthut und das Laster desto wütender zu werden scheint, je lauter dagegen gepredigt wird. Ich will es auf ein