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gar nicht, welche Heuchler und falsche Maul- und Namenchristen werden wie sie; denn da müßte sie zuerst sich selbst beweinen. Die vielen hundert Kinder, die immer mehr ihre Taufgnade verlieren, immer mehr von Christo JEsu, dem frommen Hirten, abirren, immer mehr in Welt und Weltlust versinken, immer mehr Gottes Weisheit über der Weisheit der Welt, Gottes Gebot über Menschenwort vergessen, und nichts lernen von dem seligen Evangelium, – die beweint kein Auge, – die beklagt kein Herz, – nicht einmal ein Elternherz; denn die meisten Eltern haben eben kein Auge für den Jammer einer Seele ohne Christum, und kein Herz für das Elend eines Kindes, das keinen Heiland hat. – O daß alle Eltern erkenneten, daß sie JEsum nicht haben, – daß sie ihn suchten mit Schmerzen, wie Maria, bis sie ihn fänden, dann würde es in ihnen – und auch in ihren Kindern bald anders werden; denn man kann eben kein Kind christlich erziehen, wenn man’s nicht selbst zuvor ist.


IV.

 Dies sei genug für die Eltern geredet, – lasset uns JEsum selbst nach dem heutigen Evangelium als ein Vorbild für alle Kinder und Jünglinge betrachten.

 1. JEsus folgte dem Zuge Seines Vaters in den Tempel. Da, wo ER Seiner Gottheit nach so lange in vorigen Zeiten über der Lade geruht und Sein Volk gesegnet hat, – stand ER nun, Mensch geworden, und freute sich. Das war vor allen Häusern auf Erden das Haus, das Seinem Vater und also auch Ihm gehörte, – das war sozusagen Sein Vaterhaus – da ER daheim und gern war. Um in diesem Hause zu sein, vergaß ER die leibliche Mutter und den Pflegevater. – Macht’s auch so, Knaben, Mädchen, – Jünglinge, Jungfrauen, – habet auch ihr das, was eures Vaters im Himmel und eures Heilandes JEsu ist, lieber als was auf Erden ist. Ihr habt zwar auf Erden keine Häuser, die wie der Tempel in Jerusalem Gottes Haus wären, – aber kommet nur fleißig in unsere armen Kirchen,