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um Gnade und Vergebung, betet innig, anhaltend, mit Macht, belehrt vom Geist, der immer mehr ihn trieb, auf daß er ein Kind Gottes würde, und Saulus fand Erhörung über Bitten und Verstehen. Vom Weinen und Kummer, von Reue und Schmerz, von Schreck und Hunger und vom Feuer des Gebets verzehrt, fällt er in einen tiefen Schlaf. Und da er schläft, da sieht er im süßen Traum einen Mann, mit Namen Ananias, hineingehen zu sich, und seine Hände liegen auf seinem Haupt, und seine Augen genesen: die Blindheit, Gottes Strafe, wird weggenommen, und die Gnade kehret ein. – Und nachdem der HErr der betenden Seele Pauli im Traumbild die Erhörung gezeigt, erschien ER dem Ananias und spricht: „Stehe auf etc. – denn siehe, er betet!“

 Ananias, er betet, soll Ich ihn nicht hören? Steht es nicht in Meinem Wort: „Wer den Namen des HErrn anruft, der soll selig werden! Wendet euch zu Mir, so werdet ihr selig, aller Welt Ende!“ Ananias! die Sünde ist bei ihm mächtig, mächtiger ist Meine Gnade; Ich vergebe ihm, Ich helfe ihm auch, Ich habe ihn erlöst und ihn mit Namen gerufen, Ich will ihn groß machen bei den Heiden und Mich durch ihn, Ich will ihn retten durch Gemeinschaft Meiner Leiden! Ananias! geh hin, sag es ihm! sag ihm: er soll genesen, mit dem heiligen Geiste erfüllt werden in der heiligen Taufe und Meinen Namen predigen, daß seinesgleichen Prediger nicht sein soll, solange die Welt steht! Geh hin, Ananias! Denn siehe, er betet! ein Saulus betet, und Ich lasse mich erbitten! Ehe er rief, habe Ich ihn erhört! Geh hin! denn siehe, er betet!

 Brüder! was gilt doch vor dem HErrn das Gebet! Wie freut sich der HErr, daß Saulus betet! daß er nicht mehr stolz auf eigene Kraft vertraut, daß er vom HErrn Leben und Seligkeit erfleht!

 Brüder! das Gebet Sauli ist eine Frucht des letzten Gebets Stephani! Hätte Stephanus nicht gebetet: „rechne ihnen ihre Sünde nicht zu!“ so wäre der Mörder Saul zu jener heilvollen Brücke bei Damaskus nicht gekommen! Das