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Das Schiff umfaßt ein großes Kleinod: schwimm dahin, Schifflein! Dir kann kein Sturm schaden – über dir ist Gottes Hand, du trägst den Sohn des Wohlgefallens.

 Es war eine stille Nacht. Der klare See war ruhig – und seine Fische wimmelten um die kleine Flotte und ihren Fackelschein. Aber der Satan beneidete den HErrn um Seine Ruhe, er war so lange im verfluchten Lande Nod und hatte noch keine solche Ruhestunde gefunden. Er erregte von jenseits her einen Sturm, ein Windwirbel ergriff die Wasser und streute sie übers Schiff, die Wellen stiegen im Sturm und die heilige Ruhe ertönte vom Gebrause der Wellen, – ach! das Schifflein stieg empor und sank, es ward voll Wassers, es war nah am Untergehen. Aber JEsus? wie ER? – Wenn ER schläft, dann wagt sich der Satan ins Feld, und der Sturm aus seiner Höhle, aber der HErr, unser Heil, schläft ruhig fort! Seinetwegen kann der Sturm sausen, das Wasser brausen, das Schifflein schwanken, sinken, voll Wassers werden, es stört Ihn nicht einmal im Schlaf, die Stunde Seiner Erquickung, die stille Ruhe Seines Leibes, die betende Feier Seiner Seele geht darum nicht eilender an Ihm vorüber. ER hat nie, auch nicht im Schlaf, sich von irgend einem Schrecken der Natur schrecken lassen oder sich gefürchtet, es ist Ihm nie vor etwas bange gewesen, als vor unsern Strafen in Gethsemane – und auch ihretwegen hat ER am Ende gesprochen: „Dein Wille geschehe!“

 So schläft der, welcher, eins mit dem Vater, von der Kreatur nichts zu fürchten hat. So schläft, ja, so stirbt der, auch der, Gott sei ewig Dank! welches Gewissen abgewaschen und still geworden ist durch das Blut JEsu Christi! JEsus ist in den Seinen, wenn sie zum Tode entschlafen; was ist’s, daß sie im Todeskahne schweben, wer JEsum hat, hat ruhigen Schlummer. Selig, ja selig sind, die in dem HErrn sterben! – Aber du, dessen Gewissen unversöhnt ist, kannst du auch nur so schlafen, wie der Christ in den Tod entschläft? Ja, kannst du nur so ruhig wachen? Wenn nun ein Wetter am Himmel aufsteigt und der Gott der Ehren donnert und Seine Blitze erleuchten die Welt: arme, in Sünden verkaufte