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durch Zweifel deine Seele quälen, der du glaubend Ruhe haben könntest? Willst du an dem zweifeln, was Gottes Wort dir zusichert, an Christi kräftiger Fürbitte, und der Menschen Zusicherungen und Aussagen glaubst du? Alles Heil ist dir erbeten, und du verwirfst alles Heil durch deinen Unglauben? Der Schächer am Kreuze erfuhr den Segen dessen, der am Kreuze rief: „Vater, vergieb!“ und ging glaubend ins Paradies, und du schließest dich selbst mutwillig von allem Segen des Gebetes JEsu durch Unglauben aus? So thöricht magst du sein? – Arme, schwankende, ungläubige Seele! Jahrelang, seit deinem ersten Geburtstag betet der Hohepriester und segnet; Sein Segen lagert wie ein Strom vor deinem Herzen; thu deine Glaubensthore auf und laß ein, laß ein den Segen, nach welchem dein Herz so lange schon gedarbt, gehungert und gedürstet hat! Laß die Erhörung des Gebetes nicht von dir fruchtlos abziehen! Seine Fürbitte ist erhört, alle Seine Gebete gehen durch: ach, an wem liegt die Schuld, wenn du verloren gehst, als an dir, weil du deinen Zweifeln mehr glaubst, als Gott, und die Sünde mehr liebst, als Gott?


IV.

 An euch zuletzt wend’ ich mich fröhlich, die ihr die Gnade des ewigen Fürbitters geglaubt habt. ER hat uns nicht allein Vergebung und Leben erbeten, sondern Seiner Fürbitte verdanken wir es, daß wir selbst Bitte, Gebet und Fürbitte vor des Vaters Thron bringen dürfen. Durch Seine Fürbitte sind alle unsere Gebete angenehm vor Gott, und durch Ihn sind wir selbst ein priesterliches Volk geworden.

 Oben im Himmel steht jener Tempel, von welchem Moses auf göttliche Anweisung ein Abbild gebaut hat. In jenem Tempel – so wahr der HErr lebt, es ist kein Märlein! – dort steht im heiligen Schmuck, in der Majestät eines gerechten Priesters, welcher zugleich ewiger König ist, der gebenedeite Heiland. Sein Herz ist voll Liebe zu den Menschen, und Seine Fürbitte erschallt in der Kraft Seines für uns vergossenen Blutes mächtig im Heiligtum, auf daß des Vaters