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so die vorigen allzumal umfasse. Solche Früchte sind eines Baumes Kinder, der nicht auf Erden wächst. Christus aber ist nicht allein ein Mensch, sondern auch Gott, gelobt in Ewigkeit, darum kann ER auch göttliche Werke thun. Durch Ihn ist die Welt geschaffen, ER ist mit dem Vater gepriesen als ein allmächtiger Gott, von Ihm ist ein allmächtiges Opfer zu erwarten. ER ist unermeßlichen Wesens und füllet die Welt mit Seiner Gegenwart, und die Welt faßt Ihn nicht, von Ihm kommt ein unermeßliches Opfer. ER ist ohne Anfang und Ende, der selber aller Dinge Anfang und Ende ist. ER ist ewig, von Ihm kann ein ewiges Opfer, eine ewige Vergebung, ein ewiger Friede, eine ewige Freude, ewige Kindschaft kommen. Wahrlich, wenn ER will, ER kann ein Priester sein, wie wir sein begehren, ein Opfer leisten, wie wir es bedürfen, – ER ist es, von welchem geschrieben ist: „Einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert und höher, denn der Himmel ist!“


IV.

 Daß Christus ein solcher Priester sein kann, wenn ER will, haben wir gesehen; aber ob ER will, das ist eine andere Frage. Indes ist diese Frage doch so gut wie keine; denn man kann nicht mehr fragen: Will ER der ersehnte Priester sein? da man beweisen kann, daß ER’s ist. ER hat das gewünschte Opfer geleistet, was ist nun noch zu widersprechen?

 Da ER in der ganzen unermeßlichen Reihe der Geschöpfe dennoch keines fand, welches zum Opfer tüchtig gewesen wäre, gab ER sich selbst dahin zum Opfer. ER, der da ist Gottes und Mariens Sohn, ward das Lamm, welches, weil es zum größten und alleinigen Sühnopfer tüchtig erfunden ward, weil es der Welt Sünde trug, Gottes Lamm heißt. Alle Schulden aller Menschen aller Zeiten tilgte am Kreuze der, welcher Gott und Mensch in einer Person war, dessen Werke göttlich und menschlich zugleich waren, welche eine Kraft und Gewalt hatten auf Zeit und Ewigkeit. ER verschlang in Seinem Leiden alle Strafen und Schulden der Menschen, ER hat nun