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 Und, Brüder, habt ihr daran gedacht, daß ihr durch eure Taufe berufen, ja vorläufig schon gesalbt seid selbst zu Priestern, zu einem priesterlichen Volk, das, verzeihend alle erlittenen Fehler, segnend jeden Flucher, der Gottes Volk flucht, mit Seinem himmlischen Hohenpriester immerdar beten soll und Bitte, Gebet und Fürbitte für alle Menschen thun? Und wenn das ist, seid ihr ein priesterliches, ein betendes Volk? Wo sind eure Gebete, die vor Gott gekommen sind durch des Hohenpriesters Gebet, wo ist die Erhörung, die euch geworden? Ein Volk, das immer betet, soll immer in Erhörung leben, wo ist denn eure Erhörung, euer Leben, ist es denn Erhörung? Ist’s nicht vielmehr Unglauben, leer von Gebet, leer von Erhörung, ohne Zusammenhang mit dem Gott da droben?

 Und wenn ihr nach diesen euch vorgelegten Fragen euch gestehen müsset, daß ihr ebensowenig gedankt, als den Beruf zum Gebet und Priestertum erfüllt habt, wenn eure Sünde euch schwer wird, wenn eure Seele, bedrängt vom bösen Gewissen, nicht weiß, was thun, o dann sehet am Kreuz erhöhet den Arzt, eure Genesung, schaut gläubig auf Seine Schmerzen, ER hat sie euch abgenommen, es sind eure Strafen; ER stirbt, so leidet ER; ER steht vom Tode auf, darin Ihn Sünde niederdrückte; so siegt ER für euch! Schauet Ihn an, den Sündentilger, und betet: „Vergieb uns unsere Schuld“ und nehmet hin Vergebung von Gottes Thron; denn der Fürbitter hat sie ausgewirkt mit Seinem Leiden, euch zugewandt durch Sein Gebet, euch ausgeteilt durch diesen Mund, den Mund des Boten, der da spricht in Seinem Namen:

 „Dir ist vergeben! Gehe hin in Frieden! Sündige nicht mehr! Dank Ihm, bete zu und mit Ihm!“ Amen.