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weinte Thränen des Dankes, daß sie so groß ist, ich ward ergriffen von einem starken, ausgereckten Arm und an das Herz des Mannes gedrückt, der für mich gestorben ist; mir ward Mut gegeben, die Welt zu verachten, von ihren Kindern mich zu scheiden und vor aller Welt zu sprechen: „Mein Freund ist mein, und ich bin sein!“ Wer das von sich sagen muß, der wird zuerst gehaßt von der Welt, angefeindet, verfolgt, die Welt giebt ihm auch eine Dornenkrone, einen Schmachmantel, ein Rohr statt eines Scepters, er muß unter Hohn und Spott, unter Speichelregen und durch Ströme der Lästerung waten; er ist in der Welt, wie in einem Exil: aber es dauert nicht lange, wenn die Welt merkt, daß man des HErrn Eigentum ist, daß sie nichts gewinnen kann, daß sie nicht verführen kann, wenn sie sieht, daß der Herr für die Seinen streitet, hilft sie sich durch Verachtung; eilends kommt ihr die Erkenntnis, daß an Christi Jüngern nichts ist, daß sie lauter zorniges, elendes, verrücktes und schlechtes Volk sind, sie stößt sie von sich, läßt sie allein gehen, kümmert sich nicht mehr um sie, und die Glieder Christi lernen jetzt den Spruch: „Ich bin der Welt gekreuzigt,“ ich bin ihr tot, sie hat mich aufgegeben, mein Andenken begraben. Einen Augenblick thut es weh, ist ungewohnt und seltsam, im zweiten Augenblick erkennt man die Scheidung für gut und im dritten ist sie schon süß, bald dankt man dem Lamme, dem gekreuzigten, und Seiner Liebe, daß sie uns hingerissen und frei gemacht hat von der Liebe zu der Nichtigkeit! Ach, wie selig ist man bei solcher Verarmung an aller Welt Liebe! Fröhlich singt man: „Wäre ich von dieser Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb!“ und der HErr spricht: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu Mir gezogen aus lauter Liebe.“ Ach! da wird es einem so wohl bei Ihm und, weil man nichts mehr zu rühmen hat, weil man sich über Christo vergessen, nur reich ist in Ihm, heißt es nun im Siegerton: „Es sei ferne von mir rühmen etc.“

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 3. Der dritte Grund, warum man allein in Christo JEsu sich rühmen mag, ist der: „Durch Ihn wird man zur neuen Kreatur, die in Seinem Reiche allein etwas gilt.“