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ist, der betet mit David: „Wasche mich, daß ich schneeweiß werde!“ und wem vergeben ist, von dem heißt es: „Du bist rein um des Wortes der Vergebung willen, das Ich zu dir gesagt habe!“ Auf dieses Waschen durch Vergebung der Sünden deuten schon alle Waschungen im Alten Testament und so mancher Befehl Gottes, wie z. B.: „Waschet euch, reinigt euch!“ so manche Verheißung: „Wenn deine Sünden gleich blutrot sind, so sollen sie doch schneeweiß werden!“ Behaltet ihr dies im Auge, liebe Brüder, so werdet ihr mich in dem, was ich weiter zu sagen habe, desto richtiger verstehen.

 b) Das Waschen JEsu, welches ein Teil des thätigen Gehorsams JEsu ist, deutet hin auf den leidenden Gehorsam, durch welchen ER uns das Wasser unseres Geistes, die Vergebung der Sünden, erst bereiten mußte. Dieser leidende Gehorsam ist es, an welchen uns insbesondere die Passionszeit erinnert. Wir verstehen unter ihm alles, was JEsus jemals gelitten hat von Mutterleibe und von Kindesbeinen an, insonderheit aber die Leiden in der Nacht des Gründonnerstages und am Karfreitag: Seinen Kampf im Garten, Seinen blutigen Schweiß, Seine Qual vor zwei geistlichen und zwei weltlichen Gerichten (geistliches Gericht: das Alte und das Neue Testament, weltliches: Juden und Heiden verdammen Ihn), Seine Schmerzen, Sein Spott und Hohn unter den Händen der Kriegsknechte und alles, was im Verlauf Seiner Kreuzigung bis zum Augenblick Seines Todes und bis zum Stich in Seine Seite menschliche Bosheit und Gottes verborgener, heimlicher Rat über Ihn verhängte.

 Alles nun, was wir in der heiligen Schrift aufgezeichnet finden, das ER gelitten hat, sowie alles, was nicht aufgezeichnet worden ist, weil es zu tief ist, als daß es Menschen enthüllt werden könnte, die Leiden Seines Leibes und Seiner Seele, welche alle ER selbst in der Ewigkeit uns näher auslegen und erklären wird, alles das ist nichts anderes, als die Strafen, welche nach göttlicher Gerechtigkeit zeitlich und ewig über die Menschen und einen jeden unter ihnen kommen sollten, welche auch gewiß über alle gekommen wären ohne