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so hat ER es auch im thätigen Gehorsam übernommen, anstatt aller Menschen die Forderungen der göttlichen Gebote in aller ihrer Strenge zu befriedigen. Wie Adam und in ihm das ganze Menschengeschlecht abfiel und sündig wurde, so ist mit dem zweiten Adam Christus und in seiner Person das ganze Menschengeschlecht wieder auferstanden von dem Falle und opfert Gott und Seiner Gerechtigkeit. Christus JEsus leidet am Kreuz für alle, und alles, was Er gethan, was an Ihm heilig und lieblich ist, das hat ER wiederum anstatt aller gethan. ER hat einen so vollkommenen Gehorsam geleistet, daß ER vor Gott ebensoviel gilt, als wären alle Menschen, jeder für sich, vollkommen gehorsam und heilig geblieben. ER nimmt mit Seinem Leiden unsre Sünde und Strafe weg, weil wir aber dann doch noch ohne Gerechtigkeit, in Schande und Blöße erfunden werden, als die Bettler, die des Ruhmes mangeln, den sie vor Gott haben sollten, so erwirbt ER uns durch Seinen Gehorsam noch ein Kleid für unsre Blöße. Denn Sein Gehorsam, Seine Gerechtigkeit ist ein so großer weiter Mantel, daß er alle nackten Seelen decken kann. Alle Menschen, die da wollen, haben an ihm nicht bloß für einen Tag, sondern für die ganze Zeit ihres Lebens, für die Stunde ihres Todes, für den Tag des Gerichts, ja für die endlose Ewigkeit Gerechtigkeit und Freude in dem heiligen Geist. – Ob nun zwar nicht geleugnet werden kann, daß es für alle Menschen eine Demut ist, die ihresgleichen nicht findet, das Leben, das ganze Leben an anderer Statt und für andere dahinzubringen, so ist doch hinwiederum zuzugestehen, daß ein Mann, der nicht nur selbst ohne alle Sünde lebt, der nicht nur für sich alle Gesetze erfüllt, der es noch überdies auf sich nimmt, alle Gesetze anstatt aller Menschen und für alle Menschen zu erfüllen, der es nicht bloß auf sich nimmt, der es vollbringt und thut, der bei seiner Auffahrt der Welt die Gerechtigkeit zurückläßt, wie Elias seinen Mantel, ohne selbst arm vor Gott zu treten, der überdies vor Gott tritt mit dem größten Ansehn und für alle bittet in Kraft allmächtiger Bitte, daß dieser Mann ein Mann ist, dem keiner gleicht, der über alle ist, würdig zu nehmen Preis und Ruhm und alle Kronen aller Könige! Ja, dieser Demütige, der