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Es ist göttliches Werk, das wir erst auf den Knien erbitten müssen von Ihm, der’s allein kann. Über diesen letzten Punkt werden wir erst zur rechten Klarheit in dem neu beginnenden zweiten Teile von dem Hochmut der Jünger kommen. Denn dieser Hochmut kann nur fruchtbarlich in der Gegenüberstellung gegen die Hoheit JEsu betrachtet werden. Habet also Geduld, mir ferner zuzuhören.




 Den Hochmut der Jünger zeigen wir insbesondere voran an dem Jünger Petrus.

 Da der Herr den Jüngern allen die Füße gewaschen hatte, kam er, so scheint es, zuletzt zu Petrus. Dieser aber, der die Grundsätze des Reiches Jesu nach den Sitten maß, die in weltlichen Reichen Geltung haben, fand es unschicklich, daß der, welchen er noch in der Krone zu sehen hoffte, ihnen, seinen Unterthanen, die Füße wusch. Auch mochte wirklich ein Vergleich zwischen ihm selbst und seinem HErrn ihn zu dem Gedanken gebracht haben, daß er nicht wert sei, daß ihm von Christo die Füße gewaschen werden. Und nach seiner vorschnellen Natur, die einst schon bei der ersten Bekanntschaft mit Christo ihn gedrungen hatte, zu bitten: Gehe von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch! die ihn gedrungen hatte, gleichfalls für des Herrn Leben zu sorgen, da er einige Tage zuvor auf der Herausreise nach Jerusalem gebeten wurde, zu rufen: „Herr, schone dein!“ rief er auch jetzt: „Du sollst mir ewig nicht die Füße waschen!“ Dies Benehmen Petri sieht nun, obenhin beschaut, aus, als wäre es eine demütige Scham, und es gefällt einem umsomehr, wenn man sich gegenüber den verstockten Judas denkt, der sich ganz ruhig von JEsu Christo die Füße waschen ließ, obwohl er sich in seinem Herzen bereits losgesagt und dem Satan übergeben hatte.

 Als nun Petrus gesagt hatte: „Du sollst mir ewig nicht die Füße waschen!“ antwortete ihm der HErr: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil an mir.“ Diese Antwort JEsu änderte nun mit einmal Petri Herz ganz in die gegenteilige Meinung um. Wie er zuvor sich in Ewigkeit nicht wollte von Christo die Füße waschen lassen, so wollte er nun