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auf einmal Hände und Haupt samt den Füßen gewaschen haben. Und auch diese Unbeständigkeit muß einem oberflächlichen Betrachter gefallen, denn sie scheint aus herzlicher Ehrfurcht und Begier mit Christo teil zu haben, zu fließen und ist gegenüber der Beständigkeit und Beharrlichkeit, welche jener schauderhafte Judas trotz Fußwaschen und Abendmahl bewies, einem Engel des Lichtes gleich. Sie erscheint als ein treues und beständiges Lieben des Herrn, welches sich auch nicht scheut, Irrtum einzugestehn und über der großen und heiligen Konsequenz treuer Wahrheits- und Jesusliebe einzelne Inkonsequenzen und Schwachheiten gerne zugiebt.

 Aber dennoch erscheint das Benehmen Petri bei genauerer Betrachtung nur als Stolz, und seine liebenswürdig scheinende Offenheit verbirgt eine Selbstsucht, welche auch ihn nur desto mehr unter die Sünde beschließt. Zuerst will er allein sich in Ewigkeit von dem HErrn nicht thun lassen, was die andern Jünger von dem HErrn erfahren hatten. Auch dann will er sich’s nicht thun lassen, als ihn JEsus mit Verweisung auf ein darunter verborgenes Geheimnis zur Stille bringen wollte. Hernach aber, da er erfährt, es sei ein Geheimnis der Liebe unter der Fußwaschung verborgen, und der habe teil an JEsu, welcher gewaschen werde, will er wieder nicht zufrieden sein mit dem Teil, den andere Jünger haben, will er mehr teil an JEsu haben als sie, will Haupt, Hände und Füße gewaschen haben. Immer will er eine Auszeichnung vor den Jüngern, selbst in der Handlung, welche jeden Rangstreit wegnehmen soll, will er etwas Besonderes haben, besser sein, als seine Mitjünger. Immer hat er seinen eigenen Willen, selbst JEsu gegenüber, welchen hoch zu ehren er doch gewiß im Sinn zu haben glaubte. Sein Benehmen ist eben Stolz, und er hat vergessen, daß stiller, unverweilter, vertrauensvoller Gehorsam bei weitem die beste Demut ist. Bei seinem Benehmen fällt einem das schöne Lied ein: Merk, Seele, dir das große Wort etc.

 Dieser Hochmut in Form der Demut findet sich nun gar oft auch bei Gläubigen der heutigen Zeit und sonderlich, wenn man an die oben angegebene geistliche Bedeutung des Fußwaschens denkt. Denn ganz abgesehen von jenem groben