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übrig, als zu Gott zu rufen und zu versuchen, wie er auf Ihn seine Sorge wälze. Er betete ein Gebet, welches ihn der heilige Geist gelehrt hat und welches darum auch würdig geachtet wurde, in der heiligen Schrift aufbewahrt zu werden bis auf den heutigen Tag. Menschenhülfe kann ihm in seinen Nöten nicht helfen, so gedenkt er denn an den Gott seiner Väter, zu Ihm nimmt er seine Zuflucht: „Gott meines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak.“ Nach dieser Anrufung beruft er sich auf den Befehl Gottes, durch welchen ihm die Heimreise geboten war; „HErr, der du zu mir gesagt hast: Zeuch wieder in dein Land und zu deiner Freundschaft!“ und wohl dem, welcher gleich Jakob, wenn er gefahrvolle Wege geht, sich darauf berufen kann, daß er sie nicht unberufen betreten, daß er auf Gottes Befehl seinen Fuß darauf gesetzt habe: hierin beginnt schon der Trost, denn alle Unruhe liegt darin, wenn man unberufen etwas erweckt, alle Ruhe, wenn man gewiß weiß, daß Gott mit uns. Wenn wir nur thun, was Gott gefällt, mag dann die Welt schreien, mag dann auch die fromme Welt uns beweinen, mag uns allerlei Schmach treffen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Nachdem Jakob sich auf Gottes Befehl berufen, erkennt er nichtsdestoweniger, daß er mit seinen Sünden nicht verdient habe, daß sein Weg wohl hinausgehe und daß Gott zum Vollbringen Seines Befehls auch gnädiges Gelingen und Glück gebe: „Ich bin zu geringe,“ sagte er, „aller Barmherzigkeit und Treue, die du an deinem Knechte gethan hast“. So bereitet er sich wohl zur Bitte, er demütigt sich; dem Demütigen aber giebt Gott Gnade! Indem er sich aber demütigt, bekennt er mit denselben Worten auch die göttliche Gnade, in welcher alleine seine Hülfe ist, er dankt Gott, und auch das ist seine Klugheit; denn wer dankt, der hat empfangen und zwar, wie Gott es wünscht, wer aber hat, dem wird gegeben: wer dankt, der wird immer mehr zu danken bekommen. Also hat auch Jakob, wie es einem Menschen ziemt, recht als ein armer Sünder an Gott angehängt auf Gnade und Barmherzigkeit, und nun bringt er sein Anliegen vor, nun schüttet er sein Herz in Bitten heraus, er thut nicht groß, er sagt die Ursache seiner Angst