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an seiner Stelle vor Gottes Thron. Hingegen wer in JEsu Namen betet, der tritt an Christi Stelle selbst vor Gott. Jener spricht: sieh mich in JEsu an, dieser: sieh in mir einen Boten JEsu. Und es fragt sich nur, ob wir so beten dürfen, da es in die Augen fällt, daß ich die richtige Auslegung von „im Namen JEsu beten“ darlegte.

 Wer es darf, der darf und thue es, meine Brüder. Wer es aber nicht darf, der thue es nicht, sondern bete um JEsu willen. Es ist nicht jedermanns Ding. Daß es aber in der Absicht Gottes ist, solche wahrhaft priesterliche Beter aus uns zu machen, das getraue ich mir zu beweisen.

 Ja, es wird ganz bewiesen sein dem, welcher die Stelle aus Joh. 16, 23–27 mit Andenken an die gegebene Erklärung liest. Dort redet der HErr von der Ausgießung des heiligen Geistes, welche an Pfingsten erfolgte, und spricht: „An demselben Tage werdet ihr bitten in Meinem Namen,“ und setzt hinzu: „Ich sage euch nicht, daß Ich den Vater für euch bitten will, denn ER selbst, der Vater, hat euch lieb, darum, daß ihr Mich liebet und glaubet, daß ich von Gott ausgegangen bin!“ Wer also den Sohn liebt und an Ihn glaubt, steht bei dem Vater in solchem Ansehen, daß der Sohn nicht insbesondere für ihn bitten muß, sondern er selbst darf betend zum Vater treten im Namen des Sohnes und wie der Sohn, nur daß er den Sohn liebe und an Ihn glaube. Ja, ist’s denn ein Wunder, daß wir im Namen des Sohnes und an Seiner Statt den Vater bitten dürfen: „erhöre mich,“ da der Sohn im Herzen der Seinen wohnt und wenn sie beten, am wenigsten von ihnen weicht, mit ihnen zugleich, ja in ihnen zum Vater tritt? Sagt nicht der Apostel: „Ich bin der Welt gekreuzigt, die Welt ist mir gekreuzigt; doch aber ich lebe, jedoch nicht ich, Christus lebt in mir“? Und diejenigen, welche kein anderes Leben mehr haben, als Sein Leben, deren Leben Christus ist, die sollten nicht, Christum in sich tragend, an Seiner Statt vor Gott treten dürfen? Der Vater sieht den Sohn verherrlicht in Seinen Erlösten und verherrlicht Ihn eben damit, daß ER die Seinen an- und aufnimmt, wie Ihn, da ER ja in ihnen nichts aufnimmt, als eben Ihn, der