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ist’s bei allen dreien. Kein Dank ohne Bitte um fortgesetzte Erhörung, kein Lob der göttlichen Herrlichkeit ohne Dank, daß sie sich uns zum Heil erweist, und ohne Bitte, daß es ferner geschehen möge. Diese drei sind eins.

 Oder wolltest du etwa sagen: „Wie soll ich immer beten? Ich habe nicht so viel zu beten!“ Wie? Du hast nicht so viel? Wenn ER Seinen Odem wegnimmt, so sterben sie, wenn ER Seine Gnade wegnimmt, sinken sie in die Hölle. Den Odem brauchst du, solange du lebst, die Gnade in die Ewigkeit der Ewigkeiten. Wenn du also nur um diese zwei Dinge bitten willst, hast du ohne Unterlaß zu thun in Ewigkeit. – Und wieviel andere Bedürfnisse, Hoffnungen, Wünsche hat der Mensch, kannst du sie zählen? Und weißt du nicht, daß jedes Bedürfnis, jede Hoffnung, jeder Wunsch bei Christen nicht innerhalb des Herzens bleibt, sondern im Gebet zu Gott geweiht wird, als Gebet zu Ihm aufsteigt? – Und wenn der Augenblick erschiene, der nie erscheinen wird, wo du für dich nichts zu beten hättest, denk an die große Wirksamkeit des Gebets, von der gestern die Rede gewesen ist, und an das Gebot des heiligen Apostels: „Betet ohne Unterlaß!“ „Thut Bitte, Gebet und Fürbitte für alle Menschen!“ Wie viel hast du zu beten! O ich sage nicht, daß du, wenn du thun willst, was du sollst, zu wenig Stoff, wohl aber, daß du zu wenig Zeit habest, um für den unermeßlichen Stoff des Gebets dich auszubeten! Es hat der heilige JEsus ohne Unterlaß gebetet, der nie mit Seinem Herzen vom Vater wich, – was willst du sagen?


III.

 Wo soll man beten?“ Das ist eine weitere Frage. In der Kammer allein, im Hause mit den Seinigen, in Gesellschaft der Freunde, in der Kirche mit der Gemeinde?

 Antwort: Du darfst an allen diesen Orten beten und sollst es auch.

 Bete gern allein in der Kammer. Dabei ist der Eitelkeit zwar nicht ganz, doch mehr als in Gesellschaft der Weg abgeschnitten.