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 2. Wir gehen weiter und denken an die Leute zu Bethlehem. Aber weder Augustus, d. i. die große Welt, noch Bethlehem, d. i. die lustige Welt, haben teil an der Geburt des HErrn und ihrem reichen Segen. In Bethlehem war alles voll Gäste, die in ihr zur Schatzung zusammengekommen waren, – in dem öffentlichen Gasthause, dergleichen es in etwas anderer Gestalt, als bei uns, auch im Morgenlande giebt, war ein Getümmel und Getöse – und die Mutter JEsu mußte in einen Stall gehen, um nur die Verheißung erfüllen und Gottes Sohn in Bethlehem gebären zu können. In dem Stalle war es auch schöner und stiller, als in der Herberge – und Christus ist, wie bei seiner Geburt, so immer, lieber gewesen, wo es still und ruhig herging, als wo es so viel Geräusch giebt. Auf Jahrmärkten, Messen, – in vollen Wirtshäusern, bei Tänzen und den übrigen ehebrecherischen Versammlungen der Welt hat Christus nie Sein Haupt niederlegen, ja Seinen Fuß nicht hinsetzen mögen; wohl aber ist ER oft in Hütten, in Ställen, in Höhlen, in Löchern der Erde, in einsamen Gebirgen eingekehrt, wohin die lustige Welt seine ernsthaften Bekenner aus Haß gegen allen göttlichen Ernst vertrieben hat. –

 In den Stall also trat Maria ein – d. h. nicht in einen Stall, wo gerade das Vieh war, sondern der Stall war leer, weil das Vieh mit den Hirten den ganzen Sommer über Tag und Nacht unter Gottes freiem Himmel ist. In den Stall trat Maria ein – und da gebar sie ihren Sohn. Bethlehem schrie und that, was es wollte, Bethlehem wußte nichts von der hohen Ehre, die ihm widerfuhr, – in ihre Mitte trat Gottes Held aus Seiner Kammer, und sie kannten Ihn nicht, sie suchten Ihn nicht, sie sangen Ihm kein Lied, – ja, sie gaben Ihm keinen Blick. In stiller Verborgenheit trat ER in die Welt ein – und mochte es der lustigen Welt nicht sagen, daß ER da sei, daß ER auch zu ihrem Heil gekommen sei!

 Brüder, Schwestern, merkt es! wer JEsum in sein Herz haben will, der muß ihn nicht bei der lustigen Welt suchen, ER wohnt in der Stille und bei den Stillen im Lande. Ich