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Lämmleins, das schön und heilig in der Krippe liegt, – falte deine Hände und sprich: „Gott ist die Liebe!“


IV.

 Ich habe euch, meine teuren Brüder, zuerst von der Liebe des Vaters und des Sohnes unter einander gepredigt. Dies soll allen Vätern und Kindern, insonderheit denen, welche hier anwesend sind, ein Leuchtstern sein, wie sie das Fest der göttlichen Liebe im Kinde JEsu recht begehen sollen. Am Beispiel Gottes des Vaters sollen alle Väter ihre Kinder lieben lernen – und am Beispiel des Sohnes alle Söhne ihre Väter. Denn wie der HErr für alle Menschen betete: „Auf daß sie alle eins seien, Vater, gleichwie Wir,“ so gehört dies Gebet nebst seiner Erhörung gewiß vornehmlich allen Eltern und Kindern zu. Sie sollen unter einander Bilder der himmlischen Familie sein und den Ruhm der Liebe Gottes und Seines Sohnes durch ihre eigene Liebe unter einander verherrlichen.

 O ihr Väter und Mütter! Betet die Liebe des himmlischen Vaters zu Seinem Sohne an – und seid vollkommen, wie ER. Glaubet nicht, daß ihr eure Liebespflicht gegen eure Kinder erfüllt habt, wenn euch das Herz gegen dieselbigen brennt; es giebt eine Elternliebe, die von der Erde ist, und wie alles, was von der Erde ist, wenig, ja keinen Wert hat und in Gottes Augen Sünde ist. Nur wer aus Gott geboren ist, hat wahre Liebe; nur wer die Liebe des himmlischen Vaters an sich erfahren hat, nur der ist einer rechten Elternliebe fähig. Die wahre Liebe eines Vaters, einer Mutter ist eine ernste Liebe und lehrt ihr Kind das Joch tragen in der Jugend, auf daß es für JEsu Christi Joch erstarke, welches ebenso leicht, als schwer ist. Der himmlische Vater legte Sein Kind auf eine harte Krippe – und zuletzt auf eine Dornenkrone und hartes Kreuz – auf daß es, obwohl heilig und unsträflich, durch Leiden zu ewiger Freude ginge. Sollte ein menschlicher Vater seine Kinder so weichlich gewöhnen, sollte irdischer Väter Liebe zu ihren Kindern so weichlich sein, da Gottes Zucht mit allen, auch Seinen besten Kindern, so ernst