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Myrrhen bitterer Reuethränen, daß Du Dich Deinem Volke so nahe thust, wie keinen Heiden – und Dein Volk sucht Dich in der Ferne und findet Dich nicht!


III.

 Was giebt aber, fragen wir weiter, und was nützt die Taufe? Daß es nicht nutzlos oder wirkungslos sein könne, wenn der dreieinige Gott selbst herbeieilet, und Sein Geist über dem Taufwasser schwebet, wie über den Wassern der Schöpfung, wenn ER, im Wasser vereinigt, in die Seelen Eingang nimmt; daß da ein Werk, nicht minder wunderbar, als die Schöpfung selbst und ihr heiliger, vom Geiste einst geweihter Schmuck – hervorgehen muß, – das kann man schließen, auch wenn man nicht weiß, was sie eigentlich wirkt! Daß es ein Segen sein muß, ein großer Segen, das ist nicht minder gewiß; denn ist’s nicht lästerlich, zu glauben, daß Gott in die Tiefe komme zum Verderben der Menschen? Was ist’s nun aber für ein Segen? „Wer glaubet und getauft wird, der wird selig“ – siehe da, die Wirkung der heiligen Taufe, ihre Gabe, ihren Nutzen: er heißt Seligkeit! Wo aber Seligkeit ist bei dem sterblichen Menschen, wo der Anfang der Seligkeit bei uns erscheint, worin soll der anders bestehen, als in Vergebung der Sünden, Erlösung von Tod und Teufel? Ja, da in der Taufe der heilige Geist uns nahet, was kann anders sein, als daß wir geheiligt werden durch ihren Geist? – Ja, ein herrlicher Gewinn ist es, den die Taufe bringt: die Sünde wird weggenommen, des Todes und Teufels Gewalt wird vernichtet, der Mensch wird Gottes, Gott wird sein Vater, der Sohn und Sein Verdienst umfähet ihn, wie ein Kleid, der Geist erfüllt ihn, daß es ihm geht, wie geschrieben steht: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder!“ Darum rühmt der heilige Apostel Paulus Gal. 3, 26. 27 von den Christen: „Ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben an Christo JEsu. Denn wie viele euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ „Ihr seid abgewaschen,“ ruft er 1. Kor. 6, 11, „ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des HErrn JEsu und durch den