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und hat sie bis auf diese Stunde zu einem Liebling vieler Menschen gemacht. Agnes heißt sie und dieser Name bringt sie in eine Verwandtschaft mit der Lammesart, denn Agnus heißt ja ein Lamm; man malt sie auch gerne mit einem Lamme, anzudeuten, daß sie ein unschuldiges Lämmlein des Lammes Gottes gewesen sei. Als die Dreizehnjährige einmal von der Schule heimgieng, sah sie der Sohn des Stadtpräfekten Symphronius. Ihre Anmuth und Schönheit erweckte in ihm den Gedanken, den auch viele andere Jünglinge von Rom gefaßt hatten, daß er sich keine beßere Gemahlin wünschen könnte. Allein er so wenig wie andere gewann die Gunst des zarten Mädchens, sie hatte für ihn wie für alle ein würdiges Nein, an welchem sich aber gerade die brünstige Begier des Freiers entzünden konnte. Der Vater des jungen Mannes hörte mit Vergnügen, daß Agnes den Freiern immer die Antwort gebe, „sie sei schon verlobt,“ und daß dies Verlöbnis ein geistliches mit Christo sei. Von dieser Thorheit glaubte er sie heilen zu können; allein er irrte sich in seiner Macht. So wenig Agnes von den Lockungen ihrer Freier angezogen wurde, eben so wenig erschrak sie vor den Drohungen und vor den Zurüstungen der Marterwerkzeuge,

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/22&oldid=- (Version vom 2.10.2016)